FLUGHAFENDEBAKEL I: Verdunklungsgefahr!

Schon die erste Sitzung des Untersuchungsausschusses zeigt: Rot-Schwarz tut sich schwer mit der Aufklärung der Pleite

Von hier aus soll das Flughafendesaster aufgeklärt werden: Perspektive des Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses Martin Delius (Piraten) am Freitagvormittag. Bild: dpa

Am Ende der ersten Sitzung des Untersuchungsausschusses steht Altbekanntes: der Entschluss zu einem gemeinsamen Ausflug gen Flughafen. Vor Ort wollen sich die neun Ausschussmitglieder Anfang November zu ihrer zweiten Sitzung treffen. Das ist seit einigen Monaten beliebtes Prozedere diverser Gremien und Fraktionen, die sich mit den Fehlplanungen am Flughafen Berlin Brandenburg befassen. „Uns interessiert vor allem die Dokumentation der Flughafengesellschaft und deren Aufbewahrung“, sagt Linken-Vertreterin Jutta Matuschek.

Die Dokumentation der Planungen wird entscheidend sein, wenn es in den nächsten Monaten darum geht, wer warum für Eröffnungsverzögerungen und Kostenexplosion am Flughafen verantwortlich ist: Protokolle des Aufsichtsrats, Notizen aus Vorbereitungssitzungen der Gesellschafter, Prüfberichte. All das soll erkennbar machen, wie etwa der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) als Vorsitzender des Aufsichtsrats erst kurz vor der geplanten Eröffnung im Juni 2012 erfahren haben soll, dass die Baustelle noch lange eine solche bleiben wird.

Am kommenden Dienstag wird der Ausschussvorsitzende Martin Delius (Piraten) Briefe mit der Bitte um die Zustellung von Dokumenten verschicken, unter anderem an die Flughafengesellschaft, die Senatskanzlei, Rechnungshöfe und von der Flughafengesellschaft beauftragte Unternehmen. Diese Institutionen ordnen ihren Dokumenten dann Geheimhaltungsstufen zu. „Völlig übertrieben“ seien die Geheimhaltungskategorien, die Wowereits Senatskanzlei vorschweben, sagt der Grüne Andreas Otto. Entscheidend wird sein, wie die Mitglieder von CDU und SPD sich zur geforderten Vertraulichkeit verhalten. Denn ohne die Offenlegung brisanten Materials wird kaum gelingen, was SPD-Obmann Ole Kreins als Ziel für den Ausschuss vorgibt: „Wir wollen den Vertrauensverlust gegenüber dem Land Berlin zurückdrängen.“

Dass in diesem Ausschuss nicht die Mitglieder einer geselligen Reisegruppe, sondern zwei Lager – Regierung und Opposition – sitzen, wird bereits deutlich, als es um die Verfahrensregeln geht: Rede- und Antragsrecht für stellvertretende Mitglieder wollen die vier Oppositionsvertreter. So könnten sich vor allem Linke und Piraten, die je nur ein Ausschussmitglied stellen, die Arbeitslast besser aufteilen. Ein ausgedehntes Rederecht verlängere unnötig die Dauer des Ausschusses, entgegnen die fünf Regierungsvertreter. Das Anliegen kommt zur Abstimmung: 5 zu 4, die Koalition setzt sich durch, das Rederecht bleibt auf die 9 Ausschussmitglieder beschränkt. „Einer konstruktiven Zusammenarbeit dient das nicht“, sagt das stellvertretende Piraten-Mitglied Oliver Höfinghoff.

Wie konstruktiv der Ausschuss sein wird, hängt auch vom Gehalt der Zeugenaussagen ab. Rot-Schwarz könnte diese mit seiner Ein-Stimmen-Mehrheit fernab der Öffentlichkeit stattfinden lassen. Jene Öffentlichkeit würde dann eine ganze Reihe altbekannter Männer mit meist angegrauten Haaren verpassen. Denn bisher haben die Ausschussmitglieder unter anderem den Ex-Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), Exinnensenator und Flughafen-Aufsichtsratsmitglied Ehrhart Körting und Brandenburgs Exministerpräsident Manfred Stolpe (beide SPD) auf die Liste vorzuladender Zeugen gesetzt. „Wir wollen nachvollziehen, was für ein Flughafen in den 90ern bestellt wurde“, begründete der Grüne Otto die anvisierte Reise in die Vergangenheit.

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