Bundeswehreinsatz im Fernsehfilm: Rückkehr im Sarg

Die Kamera begleitet die Bundeswehr auf einen „Auslandseinsatz“. Ohne Kitsch zeigt der Film, wie eine Mission in Afghanistan als Tragödie endet.

Deutsche Soldaten verteilen Schulbücher – die afghanischen Kinder schauen skeptisch zu. Bild: WDR/Relevant Film/Grischa Schmitz

Deutschlands Freiheit wird von einem düsteren Büroverschlag am Hindukusch aus verteidigt. Die Löschdecke immer griffbereit, der afghanische Krieg irgendwo hinter den Mauern des Außenlagers.

Hier nimmt der Kompaniechef, Hauptmann Herbert Glowalla (Devid Striesow), die Berichte seines Oberfeldwebels Daniel Gerber (Max Riemelt) entgegen – Glowalla ist ein Blinder, angewiesen auf die Schilderungen seines Kundschafters, und Gerber sein Auge, angewiesen wiederum auf die Befehle des Vorgesetzten. „Ohne klare Regeln herrscht Chaos“, glaubt Gerber. Dass selbst die ausgetüfteltsten Bundeswehrregeln aber keine Vollkaskoversicherung gegen das Chaos sind, wird er auf dieser Mission lernen.

Mit „Auslandseinsatz“ hat Regisseur Till Endemann („Carl & Bertha“) einen aufwühlenden Fernsehfilm über den Alltag deutscher Soldaten im Afghanistankrieg inszeniert – die Langeweile, die Vorschriften, die Zweifel, die Gewalt, das Sterben. Was wie eine Klassenfahrt beginnt, endet mit zwei Särgen und einer dritten unfreiwilligen Rückkehr nach Deutschland.

Ohne zu viel verraten zu wollen: Das unversöhnliche Finale des Films lässt den Atem stocken und entschädigt für den Volkshochschulteil, in dem die deutsche Entwicklungshelferin Anna Wöhler (Bernadette Heerwagen), Dorfschullehrerin im fiktiven Milanh, den frisch eingeflogenen Bundeswehrsoldaten ihr Gastland erklärt. Den Rest übernimmt der Dorfälteste Jamil (Vedat Erincin), der etwa die Mädchen nur unter der Bedingung die wiederaufgebaute Schule besuchen lässt, dass die Bundeswehr die wertvollen Mohnfelder bewacht.

Die Gewalt eskaliert

Das Vertrauen zwischen Gerbers Einheit und den Einwohnern Milanhs ist bis hierhin weit genug gewachsen, dass sie sich – selbstverständlich erst nach Rücksprache mit dem Vorgesetzten – auf den Deal einlassen. An dieser Annäherung lässt der Film den Zuschauer hautnah teilnehmen. Doch persönliche Bindungen können die kulturellen Gräben letztlich nicht überbrücken, die Soldaten wollen nur das Beste, lösen damit aber eine Eskalation der Gewalt aus – das ist die Tragik, in die „Auslandseinsatz“ unabwendbar hineinsteuert.

Getragen wird der Film vom weitestgehend kitsch- und kompromissfreien Buch von Holger Karsten Schmidt („In Sachen Kaminski“) und einem glaubhaften Ensemble, dass sich die Sorgen und Nöte seiner Figuren wirklich zu eigen macht. Besonders der aufbrechende Konflikt zwischen dem sich an seine Ideale klammernden Daniel Gerber und dessen zunehmend desillusioniertem Kameraden Ronnie Klein (Hanno Koffler) berührt. Als sie sich am Ende des Films voneinander verabschieden müssen, fällt kein Wort, und dennoch ist alles gesagt.

Nach dem ZDF-Krimi „Kongo“ ist „Auslandseinsatz“ entgegen der Sender-PR zwar nur der zweite Spielfilm über Bundeswehrsoldaten im Krieg – aber definitiv der beste, bewegendste. Während Deutschland über das skandalgeile Vergewaltigungsvideo zu Joachim Witts Song „Gloria“ diskutiert, zeigt „Auslandseinsatz“ den Schrecken des Krieges auf ungleich subtilere, aber nicht minder grausame Weise. Mit Ausnahme der Dorfschule steht hier am Ende kein Stein mehr auf dem anderen.

17. Oktober 2012, ARD, 20:15 Uhr

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