Kommentar Befangenheitsantrag: Das System Wulff lebt

Auch wenn die Landesregierung ihren Befangenheitsantrag gegen Richter Herwig van Nieuwland zurückgezogen hat, spricht aus ihm ein zutiefst korruptes Staatsverständnis.

Den Befangenheitsantrag gegen Staatsgerichtshof-Vize Herwig van Nieuwland hat die niedersächsische Landesregierung gerade noch zurückgezogen. Aber am Skandal ändert das nichts: Wenn die Bundeskanzlerin irgendeinem Mitglied des Bundesverfassungsgerichts - wohl nicht ausgerechnet Peter Müller (CDU) - unterstellen würde, es bereite durch seine Richtertätigkeit nur eine spätere Polit-Karriere vor, wäre das auch nicht aus der Welt zu schaffen, indem sie kurz darauf verkündet: Dass habe sie nicht persönlich gemeint.

In Niedersachsen hat sich das gesamte Regierungsteam von David McAllister hinter einem Befangenheitsantrag geschart, der van Nieuwland unterstellte, auf die bloße Aussicht auf einen möglichen Ministerposten in einem denkbaren Kabinett Stefan Weil hin seine Unabhängigkeit aufzugeben. Eine abstruse Konstruktion, und ein leicht durchschaubarer Angriff auf die Autonomie des Staatsgerichtshofs, dessen mögliches ungünstiges Urteil man auf diesem Wege versucht hat, gleichsam präventiv zu diskreditieren.

Ob aufrecht erhalten oder nicht: Schon aus der Idee zu diesem Antrag spricht ein korruptes Staatsverständnis. Es ähnelt dem einer südamerikanischen Camarilla mit wenig Lust auf Gewaltenteilung, die Posten nie aufgrund von Kompetenz, sondern von erwiesenen Gefälligkeiten vergibt. Mit anderen Worten: Auch unter David McAllister ist das System Wulff lebendig.

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Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

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