Streit um Rentenpläne: SPD-Linke attackiert Gabriel

Die SPD-Parteiführung zeigt sich im Streit um das Rentenkonzept kompromissbereit. Parteilinke fordern, die Senkung des Rentenniveaus zu stoppen.

Verletzte Parteiseele: Vielen SPD-Linken gehen Gabriels Rentenvorschläge nicht weit genug. Bild: dapd

BERLIN dapd | Im Streit über das Rentenkonzept der SPD will die Parteiführung auf die Kritiker zugehen. Der Parteivorstand werde am Montag aus dem Rentenkonzept von Parteichef Sigmar Gabriel lediglich das beschließen, „was Konsens ist“, sagte Generalsekretärin Andrea Nahles am Montag im „ARD-Morgenmagazin“. In der Frage nach der umstrittenen Senkung des Rentenniveaus werde es bis zur entscheidenden Abstimmung auf einem kleinen Parteitag Ende November noch Änderungen geben.

„Wir müssen auf einen Kompromiss zusteuern, den haben wir heute noch nicht. Den werden wir aber in den nächsten Wochen finden“, sagte Nahles. Zuvor hatten der SPD-Arbeitnehmerflügel und der Parteinachwuchs heftige Kritik am Rentenkonzept von Parteichef Sigmar Gabriel geäußert. Der SPD-Vorstand wollte am Vormittag über das Rentenkonzept der Partei beraten.

Die Süddeutsche Zeitung berichtet, laut einer Beschlussempfehlung Gabriels sollten Arbeitnehmer mit 45 Versicherungsjahren ohne Einbußen mit dem 65. Geburtstag in Rente gehen können. Bisher ist dies nur nach 45 Beitragsjahren möglich. Als Versicherungszeiten gelten aber auch Zeiten der Arbeitslosigkeit und Kindererziehungsjahre.

„Es geht darum, die gerecht zu behandeln, die ganz lange schon arbeiten“, sagte Gabriel am Sonntagabend in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin. Die Änderung hatten Gewerkschaften und Parteilinke gefordert.

SPD-Arbeitnehmern kommen die Frauen zu kurz

Der Vorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen, Klaus Barthel, sagte der Berliner Zeitung dazu: „Es ist gut, dass Bewegung in die Debatte kommt. Es ist auch gut, wenn ein paar mehr Arbeitnehmer Vorteile haben.“ Für die Frauen werde dadurch aber nichts erreicht. Deren Berufsleben sei oft durch längere Erziehungszeiten unterbrochen.

Außerdem arbeiteten Frauen häufig in sozialversicherungsfreien Minijobs. Gabriel müsse außerdem deutlich machen, dass er zum SPD-Parteitagsbeschluss stehe, wonach die Rente mit 67 erst gelten soll, wenn die Hälfte der 60- bis 64-Jährigen eine sozialversicherungspflichtige Arbeit haben.

Barthel forderte, außerdem müsse über die geplante Senkung des Rentenniveaus von heute 51 des durchschnittlichen Nettolohns auf 43 Prozent im Jahr 2030 gesprochen werden.

Der Juso-Vorsitzende Sascha Vogt sagte, das Rentenniveau müsse bei mindestens 50 Prozent liegen. „Für die Absenkung auf 43 Prozent gibt es weder bei den Anhängern der SPD noch im Parteivorstand oder den Gewerkschaften eine Mehrheit“, sagte er der Zeitung Die Welt.

Jusos geben der Parteiführung noch Zeit

Vogt verlangte, die Partei solle sich für das Thema Rente mehr Zeit zur Diskussion nehmen. „Die SPD-Spitze hat hier jetzt noch einen Schuss frei, und der muss sitzen“, sagte er. Parteichef Gabriel und der Bundestagsfraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier müssten sich bewegen. Bis zum Parteikonvent Ende November sei ein kohärentes Konzept gefragt.

Die Rente sei für die SPD ein wichtigeres Thema als Hartz IV, weil sie viel mehr Menschen betreffe, meinte Vogt. „Nur mit einem klaren Ja zur gesetzlichen Rente und einem Nein zu obskuren Privatrenten können wir die Bundestagswahl gewinnen“, sagte er. „Wer sie gewinnen will, muss zeigen, dass Lebensleistung auch künftig anerkannt wird.“

Der Juso-Chef sprach sich für steigende Beiträge zur Rentenversicherung aus. „Wir sollten so mutig sein und die Beiträge stärker steigen lassen“, sagte er. Jedes vorgeschlagene Modell koste Geld. „Da ist die gesetzliche Rentenversicherung die sicherste Bank“, sagte Vogt. Nahles sagte am Montag in der ARD ebenfalls, dass ein höheres Rentenniveau über höhere Beiträge finanziert werden müsse.

Der Thüringer SPD-Landesvorsitzende Christoph Matschie forderte die Angleichung der Renten in Ost und West. Das gehöre zwingend ins Rentenkonzept. „Ich finde, dass wir nicht auf Dauer getrennte Rentensysteme haben können in Ost und West“, sagte Matschie dem Radiosender MDR-Info.

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