Antisemitismus: Schura zwischen den Stühlen

In der Imam-Ali-Moschee wurde laut Verfassungsschutz zu einer antijüdischen Demo aufgerufen – gegen den Geist des Vertrags mit Hamburgs Muslimen

Hier wurde die al-Quds-Demonstration vom Verein Islamisches Zentrum Hamburg beworben: Imam-Ali-Moschee Bild: dpa

Ist der Aufruf zu einer antizionistischen Demo, auf der das Existenzrecht Israels in Parolen und auf Transparenten bestritten wird, vereinbar mit der „Ächtung von Gewalt und Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Glauben und religiöser Anschauungen“? Diese Frage beschäftigt derzeit die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Antje Möller. Und Möller ahnt, dass sie „darauf keine einfache Antwort finden“ wird.

Der Grund für die Nachdenklichkeit der Abgeordneten ist eine Bestätigung der Innenbehörde. Die hatte federführend eine Kleine Anfrage Möllers beantwortet und klargestellt, ihrem Landesamt für Verfassungsschutz lägen „Informationen vor“. Diese Informationen lauten: Die al-Quds-Demonstration sei in der vom Verein Islamisches Zentrum Hamburg e. V. (IZH) betriebenen Imam-Ali-Moschee (...) erneut beworben worden. „Im Rahmen von Gebetsveranstaltungen der Moschee“ sei „zur Teilnahme aufgerufen“ worden. Zudem habe das Islamische Zentrum vermutlich rund 90 Personen den Demonstrationstrip nach Berlin bezahlt, glaubt der Hamburger Verfassungsschutz zu wissen.

Problem dabei: Der Verein Islamisches Zentrum ist Mitglied des Rats der islamischen Gemeinden (Schura), der wiederum einer der Hauptpartner des Hamburger Senats bei dem Staatsvertrag zwischen der Stadt und Hamburgs muslimischen und alevitischen Verbänden ist, der der Bürgerschaft im Herbst zur Abstimmung vorliegt. In diesem sichert die Stadt Hamburgs Muslimen erweiterte Rechte zu, im Gegensatz verpflichtet sich auch die Schura, Diskriminierung und Gewalt aufgrund von Glauben, Herkunft und religiöser Anschauungen aktiv zu ächten.

Die alljährliche Berliner al-Quds-Demo, die 2012 am 18. August – vier Tage nach der Präsentation des Staatsvertrags stattfand, aber gilt als einer der israelfeindlichsten Aufmärsche der Republik, auf dem nicht nur die konkrete Politik der Regierung Israels etwa gegenüber den Palästinensern kritisiert wird.

Das ehemalige geistige Oberhaupt des Iran, Ajatollah Khomeni erfand den Al-Quds-Tag 1979, als Datum des Bekenntnisses zur Vernichtung Israels und Rückeroberung Jerusalems. Radikale Muslime und eine Handvoll deutscher Neofaschisten marschierten auch im August wieder Seit an Seit gegen Israel und skandierten Hass-Parolen gegen den „Judenstaat“. Auf der anderen Seite mobilisieren antifaschistische Gruppen regelmäßig gegen den aus ihrer Sicht unerträglichen, weil „antisemitischen Aufmarsch“.

„Wir müssen mit den muslimischen Vereinigungen in einen Dialog darüber kommen, was die Formulierungen des von ihnen unterschriebenen Vertrags in der Praxis bedeuten“, ist Möllers erste Reaktion auf die Senatserkenntnisse. Das werde noch „viel Arbeit“ mit sich bringen. Spontan haben Möller und ihre grüne Abgeordnetenkollegin Christa Goetsch einen Termin mit der Führungsspitze der Schura vereinbart, um aus Anlass der al- Quds-Mobilisierung dieses heiße Eisen im gemeinsamen Gespräch anzupacken.

Auch in der Senatskanzlei war die Beteiligung des islamischen Vereins an der al-Quds-Demo am Mittwoch ein Thema, das die regierenden Sozialdemokraten „not amused“ zurückließ. Hier hieß es diplomatisch, man „erwarte von der Schura, dass sie sich an die in den Verträgen getroffenen Vereinbarungen halte“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.