Sanierung der Rindermarkthalle : Mehr Bewerber als Räume

Beim Umbau der Rindermarkthalle fühlen sich die Anwohner-Initiativen übergangen: Sie fordern mehr Platz für soziokulturelle Projekte.

Zuerst die Fassade: Die Rindermarkthalle wird saniert. Das Konzept dahinter bleibt umstritten. Bild: Miguel Ferraz

Die Rindermarkthalle an der Feldstraße ist kaum mehr wiederzuerkennen: Nach zwei Jahren Leerstand und der Planung einer am Anwohner-Widerstand gescheiterten Konzerthalle, hat der Umbau des Gebäudes nahe des Millerntor-Stadions begonnen. Die Sanierungskosten betragen elf Millionen Euro. Getragen werden sie von der Stadt als Inhaber und von Edeka, das für die nächsten zehn Jahre Generalmieter der gesamten Fläche ist.

„Von einer Zwischennutzung kann man da nicht mehr sprechen“, sagt Nils Boing. Er ist einer der Anwohner, die sich in dem Initiativen-Zusammenschluss „Unser Areal“ engagieren, um die Nutzung der Rindermarkthalle mitzugestalten. „Die Aufteilung, die bis jetzt angestrebt wird, unterstützen wir nicht“, sagt Boing. Mit 6.000 Quadratmetern sei das geplante Edeka-Center für den Stadtteil überdimensioniert, das Parkdeck bestimmt nicht für die Anwohner geplant. Unumstritten ist jedoch, dass ein Lebensmittelmarkt für das angrenzende Karolinenviertel dringend gebraucht wird.

Neben Edeka werden ein Aldi und ein Budnikowsky-Drogeriemarkt in den Hallen eröffnen. Zudem sind 4.000 Quadratmeter für Marktstände eingeplant. Im Obergeschoss bleibt die Mevlana-Moschee erhalten. Zusätzlich sollen Büroflächen sowie ungefähr 600 Quadratmeter Raum für soziokulturelle Projekte entstehen. Diese sollen zum Selbstkostenpreis vermietet werden.

Wo es liegt: Das Karolinenviertel ist ein Quartier im Stadtteil St. Pauli. Im Norden und Osten wird es vom Messegelände begrenzt, im Süden vom Heiligengeistfeld. Im Westen trennt es der Schlachthof vom Schanzenviertel.

Wie es mal hieß: Noch bis in die Sechziger Jahre hinein war das Karoviertel als "Schlachthofviertel" oder "Nord-St. Pauli" bekannt.

Wie es sich veränderte: In das früher arme Viertel sind längst auch schicke Modeläden und Cafés eingezogen. Es gab Versuche der Bewohner, sich gegen die drohende Gentrifizierung zu wehren.

„Ich möchte keine falschen Hoffnungen wecken“, sagt Torsten Hönisch von Maßmann&Co. Die Projektentwickler sind seit dem 1. August von Edeka beauftragt, ein Konzept für Obergeschoss, Außenraum und Markthalle zu entwickeln. Es werde angestrebt, die von den Beteiligten in Gesprächen gewünschten Mietpreise von fünf Euro pro Quadratmeter für die Stadtteilinitiativen und zehn bis dreizehn Euro für die Büroräume zu realisieren. Hönisch sieht sich nach dem vorangegangenen Ärger als Mittler zwischen Bezirk, Anwohnern und Edeka: „Ich möchte verhindern, dass mehr Enttäuschungen entstehen, als es in der Vergangenheit ohnehin schon gegeben hat.“

Die Frustration bei den Anwohnern ist groß. Anke Haarmann von der „Keimzelle“ setzt sich unter dem Dachverband „Unser Areal“ seit zwei Jahren dafür ein, auf dem Gelände einen Gemeinschaftsgarten zu errichten. „Wir reflektieren unsere Enttäuschung“, sagt sie angesichts des Baubeginns. „Es wurde immer behauptet, wir würden noch einbezogen – faktisch ist nie jemand auf uns zugegangen.“ Nur circa 4,3 Prozent des Gebäudekomplexes für die Stadtteil-Initiativen zur Verfügung zu stellen, sei bei dem großen Bedarf von Vereinen beispielsweise in der Jugendarbeit eindeutig zu wenig.

Sicher ist schon jetzt, dass es mehr Bewerber als Räume gibt. „Es soll eine Jury, auch mit Vertretern der Sanierungsbeiräte, aus Bezirk und Politik geben“, sagt Jette von Enckevort, baupolitische Sprecherin der SPD-Bezirksfraktion in Mitte. „Die soziokulturelle Nutzung soll also nicht privat vergeben werden.“ Das Konzept für die Jury soll am 24. September vorgestellt und diskutiert werden. Dann findet die lang geforderte öffentliche Veranstaltung zur Nutzung der Rindermarkthalle statt.

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