Kampf um Aleppo: Warten auf die Schlacht

Vor der syrischen Stadt Aleppo haben Regierungsarmee und Aufständische weitere Truppen in Stellung gebracht. Noch ist es ruhig. Die USA fürchten ein Massaker.

Kämpfer der Freien Syrischen Armee in Azaz, nahe Aleppo. Bild: dapd

DAMASKUS/BEIRUT/BERLIN dpa/dapd/rtr/afp | Das syrische Regime und die Aufständischen haben in der Nacht zum Freitag weitere Truppen vor der nördlichen Metropole Aleppo in Stellung gebracht. „Wir sind bereit für die Mutter aller Schlachten“, sagte der örtliche Rebellenkommandeur Abu Omar al-Halebi am Freitag am Telefon. Noch einmal 3.000 Kämpfer seien aus anderen Landesteilen zur Verstärkung angerückt, zu den 2.500 Rebellen, die schon in Aleppo seien.

In den vergangenen Tagen hatten Regierungstruppen den Rebellen zufolge die Stadt mit Artilleriefeuer sowie mit Kampfhubschraubern und -flugzeugen angegriffen.

Auch in der Nacht habe es einzelne Gefechte gegeben, sagte al-Halebi. Die Rebellen kontrollierten einige Straßen, die zum Flughafen führen. Die Stadt selbst wirkte am Freitagmorgen nach Augenzeugenberichten wie ausgestorben. „Ich kann sagen, es ist praktisch niemand mehr da“, sagte ein Apotheker aus Aleppo der dpa am Telefon. „Nur wenige Leute sind geblieben, Frauen und Kinder haben die Stadt verlassen.“

Die Kämpfe in Aleppo dauern seit vergangenem Wochenende an. Die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) hatte mehrere Stadtbezirke unter ihre Kontrolle gebracht. Das Regime von Präsident Baschar al-Assad verlegt seit Mittwoch Tausende Soldaten für den Kampf um die wichtigste Stadt im Norden des Landes. Die USA hatten in der Nacht vor einem Massaker in Aleppo gewarnt.

US-Regierung warnt vor einem Massaker

Die US-Regierung warnte unterdessen vor einem möglichen Massaker in der umkämpften Millionenstadt. Washington habe ernste Bedenken wegen der Panzer und Kampfflugzeuge, die in den Gefechten eingesetzt werden, sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, am Donnerstag (Ortszeit). „Es besteht die Sorge, dass wir in Aleppo ein Massaker sehen werden und dafür scheint das Regime in Aufstellung zu gehen.“

Bewohner würden zu Tausenden aus der Stadt fliehen, sagte Nuland weiter. Die Offensive in Aleppo bezeichnete sie als „verzweifelten“ Versuch der Regierung, die schwindende Kontrolle im Land wiederzuerlangen.

Tödliche Schüsse auf Dreijährigen

An der Grenze zu Jordanien eröffneten syrische Soldaten nach jordanischen Angaben am Freitagmorgen das Feuer auf eine Gruppe von Flüchtlingen und erschossen dabei einen dreijährigen Jungen. Der Kleine sei seiner Schussverletzung am Hals sofort erlegen, teilte der jordanische Informationsminister Samih Maajtah mit.

Die Soldaten schossen seinen Angaben zufolge auf Flüchtlinge aus Syrien, die in Turra die Grenze überqueren wollten. Zwei Personen sei es gelungen, ins Nachbarland zu fliehen, etwa zehn weitere seien aufgrund der Schüsse zurück auf syrisches Gebiet gerannt, berichtete ein jordanischer Grenzschützer. Jordanien hat bereits mehr als 140.000 syrische Flüchtlinge aufgenommen.

Parlamentsmitglied geflohen

Vor den Kämpfen in Syrien ist erstmals ein Parlamentsmitglied ins Nachbarland Türkei geflohen. Die Abgeordnete Ichlas al-Badaui erklärte am Freitag im Fernsehsender Sky News Arabia, sie habe sich abgesetzt, um dem „tyrannischen Regime“ von Präsident Baschar al-Assad und seiner seit fast 50 Jahren herrschenden Baath-Partei zu entkommen. Sie sei geflohen, „vor der Unterdrückung und der grausamen Folter einer Nation, die ein Minimum an Rechten fordert“, sagte Badaui, die selbst der Baath-Partei angehörte und die Provinz Aleppo vertrat.

Westerwelle kritisiert Russland und China

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat scharfe Kritik an der Haltung Russlands und Chinas gegenüber dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geübt. Er rufe beide Staaten auf, „endlich die schützende Hand von dem Regime Assad wegzuziehen“, sagte Westerwelle am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“. Beide Länder hatten im UN-Sicherheitsrat bereits drei Versuche blockiert, die anhaltende Gewalt in Syrien zu verurteilen und der Führung in Damaskus mit Sanktionen zu drohen.

Westerwelle kündigte zudem an, die humanitäre Hilfe Deutschlands für syrische Flüchtlinge um drei Millionen Euro aufzustocken. Dies erhöhe den Beitrag der Bundesrepublik auf elf Millionen Euro. Die Vereinten Nationen hatten zuletzt rund 120.000 Flüchtlinge außerhalb Syriens registriert, gehen aber von einer noch höheren Zahl aus. Innerhalb des Landes sind demnach hunderttausende Menschen vor den anhaltenden Kämpfen auf der Flucht.

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