Kommentar Nordkoreas Armeechef: Bewegung im Lande der Kims

In Nordkorea ist einiges in Bewegung. Doch die Öffnung reicht noch nicht, um etwas über die Hintergründe des Rücktritts von General Ri zu erfahren.

Ein 69-jähriger Armeechef kränkelt und geht in Pension: In Europa wäre diese Meldung kein Grund zur Aufregung. In Nordkorea hingegen ist allein die Tatsache, dass die staatlichen Medien darüber berichten, höchst ungewöhnlich. Bisher verschwanden hochrangige Militärs oder Politiker in der Regel eher still und heimlich von der Bildfläche.

Der frühere Machthaber Kim Jong Il, der im Dezember 2011 starb, war berüchtigt dafür, dass er mögliche Rivalen im Militär und in der Partei sang- und klanglos ausschaltete. Den jetzt vom Posten als Armeechef und als Vizevorsitzender der mächtigen Zentralen Militärkommission geschassten Ri Yong Ho hatte Kim Jong Il noch im Jahr 2009 selbst eingesetzt. Er sollte, so war weithin vermutet worden, die Erbfolge des dritten Kim absichern.

Weil Nordkoreas Medien solche Ereignisse nicht zu kommentieren pflegten und die wenigen internationalen Diplomaten, die in Pjöngjang sitzen, keinen Zugang zu den höchsten Militärs des Landes hatten, blieb ausländischen Beobachtern nichts anderes übrig, als über die Hintergründe zu rätseln.

Seitdem Kim Jong Un – der dritte Machthaber aus dem Hause Kim seit der Staatsgründung durch seinen Großvater Kim Il Sung – an die Spitze Pjöngjangs gelangte, hat sich das Klima im Lande leicht verändert: Der junge Kim spricht ab und zu in der Öffentlichkeit, auf Fotos lässt er sich schon mal von einfachen Soldaten umarmen.

Doch diese leichte Öffnung geht nicht so weit, dass man etwas über die wahren Hintergründe des Rücktritts von Armeechef Ri erfahren würde. Deshalb bleiben die Spekulationen: Musste Ri gehen, weil er sich gegen Reformen wandte oder weil er im April eine große Rakete in das All schicken wollte, die versagte, oder wegen eines Streits um möglicherweise geplante neue Atomtests? Nur so viel ist sicher: Die Nachbarn Nordkoreas, allen voran China und Südkorea, aber auch die USA, werden jeden weiteren Schritt des Nordens alarmiert verfolgen.

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Bis Anfang 2012 Korrespondentin der taz in China, seither wieder in der Berliner Zentrale. Mit der taz verbunden seit über zwanzig Jahren: anfangs als Redakteurin im Auslandsressort, zuständig für Asien, dann ab 1996 Südostasienkorrespondentin mit Sitz in Bangkok und ab 2000 für die taz und andere deutschsprachige Zeitungen in Peking. Veröffentlichung: gemeinsam mit Andreas Lorenz: „Das andere China“, wjs-verlag, Berlin

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