Machtkampf in Rumänien: Gegen Brüssel geht immer

Der Machtkampf in Rumänien spitzt sich zu. Ministerpräsident Ponta betont dabei die Eigenständigkeit des Landes und riskiert die Aufnahme in den Schengen-Raum.

Ob es sein letztes Abschiedswinken als Präsident ist, entscheidet sich in zwei Wochen: Traian Basescu hat ein Referendum zu überstehen. Bild: dpa

BUKAREST dpa | Rumänen, die sich in diesen Tagen als Anhänger von Staatspräsident Traian Basescu zu erkennen geben wollen, tragen Weiß. Diese Farbe der Unschuld fürs Outfit wählten Basescus Fans demonstrativ am Samstag bei einer großen Kundgebung im siebenbürgischen Cluj (Klausenburg) und folgten damit einem Aufruf des Wahlkampf-Teams des Präsidenten.

Bis zum Referendum am 29. Juli, bei dem sich entscheidet, ob Basescu im Amt bleibt, soll diese Farbe signalisieren, dass es um „Sauberkeit“ geht, vor allem im strafrechtlichen Sinn. Basescu selbst erschien in Himmelblau.

Im Kampf um die Macht in Rumänien werfen sich die Kontrahenten – Präsident Basescu und der sozialistische Ministerpräsident Victor Ponta – derzeit gegenseitig vor allem Verbindungen zum kriminellen Milieu vor. „Ja, er (Basescu) weiß, dass er vor Gericht gestellt werden wird“, sagt der Regierungschef. Ponta und seine Verbündeten „müssen sich die Justiz unter den Nagel reißen, um die Korrupten zu schützen“, kontert Basescu. Ponta hatte im Parlament gegen Basescu ein Amtsenthebungsverfahren durchgesetzt, dessen letzter Akt das Referendum ist.

Kurz vor diesem Schlagabtausch hatte Ponta seitens der EU-Kommission harte Kritik einstecken müssen. In Brüssel bangt man um den Rechtsstaat in Rumänien. Ponta hatte sogar Befugnisse des Verfassungsgerichts beschnitten, um seinen Erzfeind Basescu zu entmachten. Zwar hat Ponta dem EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso Korrekturen versprochen. Doch selbst sein Parteifreund, Justizminister Titus Corlatean, bezweifelt, dass Ponta die EU damit überzeugt hat.

Corlatean sieht nun sogar den angestrebten Beitritt Rumäniens zur grenzkontrollfreien Schengen-Zone in Gefahr, weil Brüssel zweifle, dass es in Rumänien rechtsstaatlich zugehe. All dies geschehe jedoch nur, weil Basescu und dessen Verbündete die EU-Kommission falsch informierten, sagte Corlatean. Auch Ponta ortet Rumäniens Gegner nicht in Brüssel, sondern im eigenen Land: „Wir mussten (in Brüssel) zeigen, dass Basescu eine lügnerische Verleumdungskampagne gegen Rumänien führt“, sagt er.

Inmitten der Krise wird an diesem Mittwoch aus Brüssel der für den Schengen-Beitritt entscheidende Fortschrittsbericht erwartet. Seit Rumäniens EU-Beitritt 2007 steht die Justiz des Landes unter Sonder-Überwachung der EU. Vom neuen Fortschrittsbericht hatten beide Seiten erwartet, dass er auch die letzten Skeptiker im EU-Rat davon überzeugen würde, dass Rumänien reif sei für eine weitere Annäherung an die EU, via Schengen. Sollte dieser Schritt nun erneut verschoben werden, käme dies einer extrem schmerzhaften außenpolitischen Niederlage des Landes gleich.

Ponta und seine Verbündeten sind sichtlich bemüht, die Kritik aus Brüssel herunterzuspielen, um intern den Imageverlust zu begrenzen, den Rügen aus dem Ausland stets mit sich bringen. Trotzig verkündet Senatspräsident Crin Antonescu, Rumänien werde „nicht aus Brüssel regiert“. Der Liberale Antonescu ist Pontas engster politischer Verbündeter und führt das Amt des Staatspräsidenten kommissarisch, bis zu dem für Basescu entscheidenden Referendum.

Brüssel hatte von Ponta eine Garantie verlangt, dass dieses Referendum unter fairen Bedingungen verläuft, unter anderem durch Festlegung einer Mindestbeteiligungsquote – im Einklang mit einem Urteil des rumänischen Verfassungsgerichts. „Ich habe in Brüssel nicht versprochen, dass es beim Referendum eine Quote gibt“, sagte Ponta nachher in Bukarest. „Das konnte ich gar nicht tun, denn das kann nur das Parlament entscheiden.“ Zwischen den Zeilen lautet Pontas Botschaft: Nicht Brüssel diktiert, sondern wir entscheiden.

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