Bundessozialgericht zu Hartz-IV-Sätzen: „Nicht verfassungswidrig niedrig“

Sind auch die neuen Hartz-IV-Sätze zu niedrig? Ein Frau aus Mannheim hatte vor dem Bundessozialgericht geklagt. Doch das Gericht hält die Sätze für verfassungsgemäß.

Die Sätze hätten ihre Menschenwürde verletzt, warf die Klägerin der Regierung vor: Essen für Bedürftige in Frankfurt. Bild: dapd

KARLSRUHE taz | Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hält die neu berechneten Hartz-IV-Sätze nicht für verfassungswidrig. Das entschied das BSG am Donnerstag in einem Piloturteil. Das Bundesverfassungsgericht muss sich aber trotzdem mit der Frage beschäftigen.

Geklagt hatte eine arbeitslose 54-jährige Frau, die im Raum Mannheim allein in einer Mietwohnung lebt. Sie hält den Hartz-IV-Satz für Erwachsene von derzeit 374 Euro pro Monat für zu niedrig und forderte rund 1.000 Euro. Andernfalls seien ihre Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip verletzt.

Schon das Landessozialgericht Baden-Württemberg hatte die Klage 2011 abgelehnt. Das vom Gesetzgeber gewählte Statistikmodell, das auf den Verbrauch der 15 Prozent niedrigsten Verdiener in Deutschland abstellt, sei zulässig. Abschläge für chemische Reinigung, Färben der Kleidung, aber auch für Alkohol seien vertretbar.

Die Frau ging in Revision zum BSG, das sich jetzt wohl zum ersten Mal mit den neu berechneten Hartz-IV-Sätzen befasste. Allerdings wies auch das BSG die Klage ab. Die neuen Sätze seien „nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig angesetzt worden“, so der Vorsitzende Richter Peter Udsching. Die Argumente der Klägerin könnten „nicht überzeugen“.

Im Februar 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht die bis dahin geltenden Hartz-IV-Sätze beanstandet. Sie seien zwar in der Höhe nicht offensichtlich unterhalb des Existenzminimums. Allerdings forderte das Gericht eine transparente Neuberechnung, vor allem der Leistungen für Kinder, die bisher einfach nach einem Prozentsatz der Hartz-IV-Sätze für Erwachsene geschätzt wurden.

Ende 2010 beschloss der Bundestag dann die neu berechneten Sätze. Von 359 Euro erhöhten sich die Leistungen für Erwachsene lediglich um 5 Euro auf 364 Euro pro Monat. Inzwischen beträgt der Satz inflationsbedingt 374 Euro. Das Bundessozialgericht sah nun keine Notwendigkeit, die Frage dem Bundesverfassungsgericht erneut zur Prüfung vorzulegen.

Dennoch muss sich Karlsruhe noch einmal mit den Hartz-IV-Sätzen beschäftigen. Denn Ende April hatte die 55. Kammer des Sozialgerichts Berlin die Position vertreten, dass die Hartz-IV-Sätze derzeit für Erwachsene um 36 Euro im Monat zu niedrig liegen. Richter Georg Rudnik hat daher seinerseits das Bundesverfassungsgericht um Prüfung gebeten.

Wann Karlsruhe sich mit der Frage beschäftigt, ist aber völlig offen. Die Richter unterliegen keiner Frist und werden wohl erst einmal die Entwicklung der Rechtsprechung beobachten. Das BSG kritisierte die Vorlage des Berliner Sozialgerichts als ebenfalls „nicht überzeugend“.

Nächsten Mittwoch wird das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich das Asylbewerberleistungsgesetz kippen, dessen Leistungen rund 40 Prozent unter den „normalen“ Hartz-IV-Sätzen liegen. (Az. B 14 AS 153/11 R)

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