Uringate um Papst Benedikt: Selige Einnässung

Die heiligen Leberwürste sind damit durchgekommen: Der Pinkelpapst darf nicht auf dem Cover der Satirezeitschrift „Titanic“ zu sehen sein.

Clevere Bildpolitik des Vatikans: Vor dem Schritt des Papstes hat stets ein Bischof zu sitzen. Bild: dapd

Meine erste Assoziation war ein recht bekanntes Foto aus dem Jahre 1992: Am Rande der rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen hebt ein Betrunkener im Deutschlandtrikot den Arm zum Deutschen Gruß, während sich vorn auf seiner Jogginghose deutlich ein großer Pissfleck abzeichnet.

Gewiss hatten auch die Macher des Satiremagazins Titanic dieses Bild im Kopf, als sie auf dem neuesten Cover Papst Benedikt XVI. mit einem gelben Fleck vorne sowie einem braunen hinten auf dem Kittel abbildeten: „Halleluja im Vatikan – Die undichte Stelle ist gefunden!“

Vordergründig eine Anspielung auf den Enthüllungsskandal „Vatileaks“, liegen doch die Parallelen zum Lichtenhagener Pogrom klar auf der Hand. Eine Symbolfigur homophober, sexistischer und sonstiger faschistoider Ausgrenzungsstrategien soll durch die schlichte Dokumentation des Faktischen vorgeführt und lächerlich gemacht werden; in der Machart vielleicht nicht ganz fair, doch in der Absicht mehr als ehrenwert.

Das Problem im Fall des Pinkelpapstes besteht nun freilich darin, dass er auf Schritt und Tritt von rudelweise Wächtern, Aufpassern, Reinigern, Warnrufern und Kittelwechslern umgeben ist. Unter derart erschwerten Bedingungen war es dem Fotografen des Satireblattes verständlicherweise unmöglich, den Moment und die Folgen der seligen Einnässung abzupassen – eine Montage musste her.

Die gefiel offenbar nicht jedem. Benedikt ließ klagen. Laut einem Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, „verletzen Titelbild und Rückseite der aktuellen Titanic-Ausgabe den Heiligen Vater in seinen Persönlichkeitsrechten.“ Diese Aussage weist natürlich einen immanenten Logikbruch auf: Wenn Gott so groß und allmächtig ist, wie soll man ihn da beleidigen können? Was kümmert es die stolze Eiche, wenn sich ein Schmierfink an ihr wetzt? Und dasselbe gilt erst recht für den selbsternannten Stellvertreter Gottes auf Erden, denn wer so weit aus dem Fenster ruft, sollte gefälligst auch das Echo vertragen können.

Das Landgericht als Pfaffenhure

Aber nein. Die heiligen Leberwürste kamen auch noch damit durch. Dass das Landgericht Hamburg sich mit der einstweiligen Verfügung gegen die Titanic zu einer billigen Pfaffenhure gemacht hat, würde im Ernst natürlich niemand behaupten, der nicht selber mit einer solchen überzogen werden will.

Angesichts des Medientrubels rund um die päpstliche Urinaffäre verwundert es, dass einschlägige Marken wie „Dixi“, „Pampers“ (Stichwort: „Heiliger Stuhl“) oder „Granu Fink“ nicht längst ausgiebigen Werbenutzen daraus gezogen haben. Besonders Letzterem, zuständig für altersbedingte Probleme mit dem Wasserlassen, bietet sich die einmalige Gelegenheit, ihrem Produkt ein unverwechselbares Branding zu verschaffen.

Auf seiner Homepage schreibt der Hersteller von einem „unangenehmen Restharngefühl“. Damit kann nur der Effekt gemeint sein, wenn die angenehme Wärme auf und unter der Soutane einer klammen Feuchtigkeit weicht. In diesem Punkt haben Landgericht und Bischofskonferenz immerhin recht – das ist nun wirklich gar nicht mehr lustig: Wie Hechtsuppe zieht es durch die Benediktionsloggia am Petersdom, dem Kirchenfürst droht eine kombinierte Blasen-Lungen-Harnleiter-Entzündung und damit akute Lebensgefahr.

Doch dagegen gibt es zum Glück ein Mittel. Was nicht die einzige gute Nachricht bleibt: „Negative Einflüsse auf die Potenz sind nicht bekannt“, schreibt der Hersteller. Der Papst kann somit bedenkenlos zugreifen.

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