Startup will Linux-Smartphones bauen: Die großen Pläne der Nokia-Rebellen

Mit MeeGo hatte Nokia ein gutes, freies Betriebssystem für Handys geschaffen – und wechselte dann doch zu Windows. Einige Ex-Mitarbeiter wollen nun MeeGo wiederbeleben.

Vor zwei Jahren war MeeGo noch ein großes Projekt für Nokia. Bild: ap

Das Nokia N9, das Ende 2011 auf den Markt kam, war ein schönes Smartphone: Ein angenehmes, zurückgenommenes Design traf auf das freie Betriebssystem MeeGo. In ersten Tests präsentierte sich die Software des Geräts erstaunlich stabil und flüssig und glänzte mit einer schlauen Gestensteuerung. Allein – viel mehr als ein Prototyp wurde das Nokia N9 dann nicht. Der Grund: Der finnische Mobilfunkkonzern hatte schon während der Entwicklung des Smartphones beschlossen, künftig vor allem auf Microsofts Windows-Phone-Betriebssystem zu setzen.

Doch ganz tot ist MeeGo nicht. Jussi Hurmola, einer der Hauptverantwortlichen für das N9-Projekt bei Nokia und insgesamt 12 Jahre bei dem Konzern, hat nun einige alte Kumpanen des mittlerweile durch mehrere Entlassungswellen gegangenen Telefonriesen um sich geschart, um ein Revival der Plattform loszutreten.

Seine neue Firma hört auf den Namen Jolla und will nicht weniger als neue MeeGo-Geräte bauen. „Nokia hat etwas Wunderbares geschaffen, das weltbeste Smartphone-Produkt“, ist Hurmola überzeugt, „es verdient, fortgesetzt zu werden“. Jolla werde dies mit „all den schlauen und talentierten Leuten“ tun, die bisher an MeeGo mitgearbeitet hätten. Außerdem habe man mehrere internationale Partner und Investoren versammelt. Immerhin 10 Millionen Euro stünden an Einlagen bereit.

Es sei nicht notwendig, Millionen-Verkaufszahlen wie die großen Mobilfunkfirmen Samsung oder Apple zu erzielen, meint Hurmola. Es reiche, wenn man 50.000 bis 100.000 Smartphones absetze, sagte er dem Wall Street Journal. Dann sei man in den schwarzen Zahlen. Aktuell laufen Gespräche mit Herstellern in Asien und Chipsatz-Produzenten. Der Zeitplan ist ambitioniert: Schon vor Jahresende soll es ein erstes Gerät geben.

Außerdem solle die „ziemlich große Zahl“ an MeeGo-Enthusiasten angesprochen werden – etwa mit Besonderheiten des freien Betriebssystems: in Sachen Sicherheit, flüssiger Nutzerschnittstelle und der Möglichkeit, Apps problemlos nebeneinander auszuführen, einem „echten“ Multitasking. Jolla will MeeGo außerdem weiterentwickeln und die geschrumpfte Entwickler-Community wiederbeleben.

So viele Apps wie iPhone und Android

Letzteres dürfte bei dem Versuch auch der größte Knackpunkt sein – genügend interessante Software. Während Android und iPhone mittlerweile sechsstellige App-Zahlen vorweisen können und Microsofts Windows-Phone-Marktplatz ebenfalls recht schnell wächst, müsste das Angebot an MeeGo-Programmen schnell kritische Masse erreichen, damit auch Normalnutzer ein Interesse an der Plattform bekommen. Immerhin dürften die Linux-Wurzeln von MeeGo dabei helfen, Code von anderen Smartphone-Betriebssystemen vergleichsweise leicht zu übertragen.

Ob Besitzer des von Nokia weitgehend alleingelassenen N9 von den Bemühungen der MeeGo-Rebellen profitieren, ist indes unklar. Ob Nokia die weiterentwickelte Jolla-Software auf ihre Geräte lasse, liege ganz bei dem Hersteller, so Hurmola.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.