Stromtrassen neben der Bahn: Keine schnelle Lösung

Stromtrassen entlang der Bahnstromleitungen sind laut der Netzagentur „nur unter engen Restriktionen“ möglich. Masten müssten doppelt so hoch sein.

Doppelt so hohe Masten: Der Ausbau einer parallel laufenden Stromtrasse würde hier sehr teuer werden. Bild: dpa

FREIBURG taz | Die Bahnstromtrassen in Deutschland sind nur unter engen Restriktionen zum Ausbau des Hochspannungsnetzes nutzbar. Zu diesem Ergebnis kommt eine gestern von der Bundesnetzagentur vorgelegte Studie.

Seit Fukushima war diese Transportmöglichkeit in der Öffentlichkeit oft sehr optimistisch diskutiert worden, doch nun kommt die Netzagentur zu dem Schluss, die Beurteilung müsse teilweise deutlich korrigiert werden, weil es zahlreiche Einschränkungen gebe.

Die Netzagentur stützt sich dabei auf ein Gutachten mit dem Titel „Machbarkeitsstudie zur Verknüpfung von Bahn- und Energieleitungsinfrastrukturen“. Dieses ist eine Gemeinschaftsarbeit von technischen Instituten der Universitäten Hannover, Dresden und Clausthal.

Hintergrund der Untersuchung sind die Pläne der Übertragungsnetzbetreiber, die den Bau von 3.800 Kilometer neuen Stromautobahnen bis 2022 vorsehen, um vor allem Windstrom von Anlagen auf dem Meer vom Norden in den Süden zu bringen.

Erheblicher Mehraufwand

In den letzten 15 Monaten war nun die Hoffnung aufgekommen, man könne den Bedarf an neuen Leitungstrassen stark reduzieren. Doch so einfach ist das nicht. Ein Problem ist die Höhe der Masten: Installiere man eine typische 380-Kilovolt-Drehstromleitung mit den üblichen Stahlgittermasten auf der Bahntrasse, dann müssten die Masten etwa doppelt so hoch werden wie die heutigen Masten der Bahnstromleitungen, schreiben die Gutachter.

Das hätte zur Folge, dass eine erhebliche Verbreiterung des Schutzstreifens nötig werde, der entlang der Trasse nur eingeschränkt genutzt werden darf. Auch die auftretenden elektrischen und magnetischen Felder lägen wesentlich höher als die einer Bahnstromfreileitung“. Die Drehstromkabel in die Erde zu verlegen sei wegen der begrenzten Übertragungskapazität und der hohen Kosten „nicht sinnvoll“.

Parallelführung mit Erdkabeln

Die Gutachter bevorzugen nun – auch aus Sicht des Bahnbetriebs – eine Parallelführung der Bahnfreileitungen mit Erdkabeln, in denen Hochspannungsgleichstrom (HGÜ) übertragen wird. Diese Option ist aber mit Abstand die teuerste, im Vergleich zu Standardfreileitungen liegen die Kosten fast dreimal so hoch.

Ein Grund ist die limitierte Leistung: Mit den heutigen HGÜ-Kabeln können maximal 1.200 Megawatt übertragen werden, man braucht daher vier HGÜ-Kabelsysteme, um die Leistung von zwei Drehstromfreileitungen zu erreichen. HGÜ-Verbindungen sind außerdem teuer, weil diese nur über Umrichter von der Größe einer Fabrikhalle mit dem normalen Drehstromnetz gekoppelt werden können.

Reduzieren lassen sich die Kosten, wenn man keine HGÜ-Erdkabel verlegt, sondern HGÜ-Freileitungen auf ein gemeinsames Mastgestänge zusammen mit den Bahnleitungen montiert. Diese Option gelte es weiter zu untersuchen, schlagen die Gutachter vor und verweisen zugleich darauf, dass die dafür benötigten Masten erst noch entwickelt werden müssten.

Die Mehrkosten von HGÜ-Freileitungen gegenüber konventionellen Freileitungen im zugrunde gelegten Netzausbauszenario lägen bei rund 3 Milliarden Euro, das sei „ein Mehrkostenfaktor von 1,40“. Ein Vorteil von HGÜ wiederum: Die elektrischen und magnetischen Felder einer Freileitung erreichten vergleichsweise geringe Feldstärken. Da es allerdings hierfür noch keine Grenzwerte gebe, könne kein Nachweis der Zulässigkeit geführt werden.

Am Ende, so die Gutachter, bestehe noch „erheblicher weiterer Untersuchungsbedarf“, auch was die gegenseitige Beeinflussung von Drehstrom-, Gleichstrom- und Bahnstromsystemen betrifft. Eine schnelle Lösung kann es also auch mit den Bahntrassen nicht geben.

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