Kommentar Publick Viewing: Der Plüsch des Präsidenten

Der Marktplatz ist keine Stube. Sondern ein Marktplatz. Und das heißt: Er gehört allen, vom Punk über die Vollfrommen bis zum Matjes-Präsidenten.

Freimarkt muss sein. Dixieland? Spitze. Matjes? Lecker! Heringe sind ein echter Höhepunkt im Bürgerschaftspräsidentengeschäftsjahr. Christliche Bet-Events? Frommen. Punk? Pfui! Politik? Weg damit!

Was Christian Weber unter Qualität versteht, lässt sich leicht an seiner Marktplatz-Qualitätsoffensive ablesen: Qualität ist, was die Umsätze der Gastronomen steigert. Und nicht zu laut ist. Und nicht dreckig.

Das passt zu Leuten, die ihr Wohnzimmer eine gute Stube nennen – und Markt und Domsheide dafür halten. Aber der Marktplatz ist keine Stube. Sondern ein Marktplatz. Und das heißt: Er gehört allen, vom Punk über die Vollfrommen bis zum Matjes-Präsidenten. Hier ist die Stadt ganz Stadt, Ort des Austauschs und der Konfrontation.

Weber mag’s lieber plüschig: Seit zwölf Jahren engagiert er sich für eine restriktive Genehmigungspraxis. Er hat eine Art Bannmeile für Bremens Parlament eingerichtet. Und sogar Fotos aus der Fensterfront des Tempels der Demokratie hinab auf DemonstrantInnen werden untersagt – mit Verweis aufs Präsidium. Es ist daher gut, dass sein Vorstoß nun zum Aus fürs Massenereignis Public Viewing führt. Denn damit wird für die Masse spürbar, dass sich eine geschmäcklerische Genehmigungspraxis gegen alle richtet: Weil sie vom Ansatz her zutiefst undemokratisch ist.

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Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

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