Kolumne Aufm Platz: Hier darf nur einer spielen

Spanien bietet langweiligen Fußball? Nein – nur langsamen und bewusst defensiven. Auch Frankreich ließ man nicht einmal in die Nähe einer Torchance kommen.

Der Vorwurf, der spanische Fußball sei langweilig, wie er von etlichen Seiten erhoben wird, ist absurd. Es fallen selten viele Tore – 1:0-Siege sind eine spanische Spezialität und ohne den Strafstoß wäre auch das Viertelfinale gegen Frankreich so ausgegangen –, aber mehr Tore bedeuten nicht automatisch ein spannenderes Spiel.

Gegen die Franzosen spielten die Spanier langsam, sorgten aber vor allem dafür, dass ihre Gegner kaum dazu kamen, ihr Spiel aufzubauen oder auch nur in die Nähe einer Torchance kamen. Franck Ribéry war der Einzige, dem es ab und an gelang, die Defensive der Spanier zu durchbrechen.

Die Spanier kamen auf den Platz wie sie es schon im ersten Spiel gegen Italien taten: mit Cesc Fábregas als "falscher Neun", als Stürmer jenseits der Spitze, der Position, die Lionel Messi beim FC Barcelona perfektionierte. Sie sorgt dafür, dass sich die gegnerische Abwehr entscheiden muss, ob sie den Raum oder den Stürmer alleine lässt, weil dieser sich immer wieder Richtung Mittelfeld fallen lässt.

Das 1:0 kam über die linke Seite – eingeleitet durch einen Pass von Andres Iniesta auf Jordi Alba, der seine französischen Gegenspieler schön ausspielte, während sich Xabi Alonso im Zentrum in die ideale Kopfballposition lief, völlig frei stand er da. Laurent Blanc war vor dem Spiel bewusst, dass es diese Seite war, auf die er besonders Acht geben musste und stellte Jordi Alba unter besondere Aufsicht. Umso frustrierender für ihn, dass es ausgerechnet Alba war, der das 1:0 einleitete. Außer dem Treffer kam allerdings sonst nicht viel über die spanische linke Seite.

In der zweiten Halbzeit gaben sich die Spanier nicht mehr besonders viel Mühe – das sei den Kritikern eingestanden. Zwischenzeitlich wirkte das Spiel sogar recht chaotisch, aber am Ende reichte das, was die Spanier zeigten, ein weiteres Mal. Keine nennenswerte Torchance für den Gegner zuzulassen, zeugt von einem bewusst defensiven Spiel, das bei einer 1:0-Führung in der zweiten Halbzeit eines EM-Viertelfinales durchaus seine Berechtigung hat.

Das Spiel gegen Frankreich war laut Uefa-Statistik das mit den meisten spanischen Pässen dieses Turniers, dafür aber eins der Spiele mit den wenigsten Torschüssen. Es war ein langsames Spiel, aber nicht langweilig.

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Jahrgang 1982, seit 2009 bei der taz. 2011/2012 Redakteurin für die „berlinfolgen“, die mit dem Grimme Online Award 2012 ausgezeichnet wurden. Von Anfang 2013 bis Juli 2014 leitete sie zusammen mit Julia Niemann das Online-Ressort der taz. Anschließend wechselte sie zu Spiegel Online.

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