Dem „Waldjungen“ droht Klage: Robin war nie allein im Wald

Ray heißt Robin, ist nicht 17, sondern 20, holländischer Staatsbürger und hat nie im Wald gelebt. Zehn Monate lang führte er die Berliner Behörden an der Nase herum.

Ein echter Lausebub: Robin, der sich Ray nannte. Bild: dapd

Eines muss man dem jungen Mann, der sich Ray nennt, lassen: Die Legende vom Waldjungen hat er stringent durchgezogen. Das Problem ist nur: Die Behörden lassen sich von einem Halbgaren ungern einen Bären aufbinden, wie der Berliner sagt. Seit Freitag ist klar: Ray heißt in Wirklichkeit Robin, ist 20 Jahre alt, holländischer Staatsbürger und hat nie im Wald gelebt. Letzteres hatte er den Berliner Behörden zehn Monate lang weiszumachen versucht.

Die Geschichte begann im August 2011: Der junge Mann, der beim Jugendnotdienst in Berlin vorspricht, kann kaum Deutsch, auch Englisch spricht er nur mäßig. Er wisse nur, dass er Ray heiße, 17 Jahre alt sei und die letzten fünf Jahre mit seinem Vater in der Wildnis gelebt habe. Der Vater sei im Wald gestorben. Er habe ihn in einer Grube unter Steinen beerdigt. Die Geschichte klingt komisch. Sie passt auch nicht zur gepflegten Erscheinung des Jungen.

Ray wird in einer betreuten Jugend-WG untergebracht. Eine Vermisstenanfrage samt Foto, die die Polizei über Interpol startet, bleibt ohne Resonanz. Von einem Aufruf über die Medien sieht man ab, um die Privatsphäre des Jungen zu schützen. Zumal auch Ray signalisiert, er möchte keine Fahndung nach Angehörigen.

Der Junge hält an seiner Geschichte fest. Derweil versuchen Gutachter im Auftrag der Behörden mittels Untersuchungen das Geheimnis des Jungen zu lüften. Das Mosaik, das entsteht, ist so löchrig, dass man sich am Montag doch zu einer Öffentlichkeitsfahndung über die Medien entschließt. Der Rest ist bekannt. Robin wird in Holland von seiner Stiefmutter und Freunden erkannt. Seit Sommer 2012 ist der 20-Jährige in den Niederlanden als vermisst gemeldet. Rays Kommentar dazu: „Ja, ich bin’s.“ Ihm droht nun eine Strafanzeige wegen Leistungserschleichung, weil er auf Kosten des Landes Berlin gelebt hat.

Warum, wieso, weshalb? Robin alias Ray ist zu wünschen, dass es Leute gibt, die ihn – nun erst recht – vor den Medien schützen. Der zuständige Jugendstadtrat sagt, Robin hat gut Deutsch gelernt und wollte seinen Schulabschluss nachholen. Man werde den Jungen nicht Knall auf Fall auf die Straße setzten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.