Platten wie Filme

„Django Unchained“ ist sicher kein schlechter Film. Das Beste an ihm aber ist, behaupten wir jetzt mal, der Soundtrack. Das wiederum, behaupten tatsächlich viele, gilt für alle Filme von Quentin Tarantino. Was aber ganz bestimmt richtig ist: Die meisten Italo-Western wären unerträglich, hätte es nicht Komponisten wie Ennio Morricone oder Luis Bacalov gegeben.

An diesen Klassikern hat sich offensichtlich Gemma Ray orientiert, als sie mit einer extra zusammengestellten Band, zu der Thomas Wydler von den Bad Seeds am Schlagzeug gehörte, ins Studio ging, um „Down Baby Down“ aufzunehmen. Sparsam, aber fantasievoll instrumentiert mit Klavier, Gitarre und Orgel, Hackbrett oder Glockenspiel, leben die zehn Songs, die kaum eine halbe Stunde Spielzeit füllen, vor allem von ihrer geheimnisumwitterten Stimmung.

Wie es sich für Filmmusik gehört, verzichtet die aus Essex stammende Wahlberlinerin allerdings – anders als bei ihren bisherigen Veröffentlichungen – weitgehend darauf, Text zu singen, und setzt ihre Stimme vor allem als zusätzliches Instrument ein. Es sind diese Chöre, die die eher simpel gestrickte Americana in höhere Sphären befördern. Vielleicht ja sogar bis ins Blickfeld von Quentin Tarantino. „Django Unchained II“, vertont von Gemma Ray, kann man sich jedenfalls gut vorstellen.

Lange nicht so eindeutig einem Genre zuzuordnen wäre der Film, zu dem The Somnambulist die Musik spielen. Deren neues Album, „Sophia Verloren“, könnte vielleicht eine Sozialkomödie mit ernstem Hintergrund sein, die im Migrantenmilieu spielt. Auf jeden Fall wird viel gefeiert und gestritten, wieder versöhnt und noch mehr gestritten. Denn der vor fünf Jahren aus Italien nach Berlin gekommene Marco Bianciardi hat nicht nur eine beeindruckende Reibeisenstimme, und er weiß nicht nur, wie ein Spaghetti-Western-Soundtrack zu klingen hat, sondern spielt mit seiner multinationalen Band auch osteuropäische Folklore oder kräftigen Rock, adaptiert arabische Melodien oder Jazzharmonien.

Manchmal gerät die verwegene Mischung allerdings aus dem Gleichgewicht. Dann flüchtet sich das Sextett in überflüssige Improvisationen, atonale Klangexperimente oder gar einen kleinen Exkurs ins Operettenhafte. Da wäre weniger manchmal mehr gewesen. Oder, um im Kino zu bleiben: „Sophia Verloren“ ist sicher kein schlechter Film, aber ein stringenterer Erzählduktus hätte ihm gut getan.

THOMAS WINKLER

■ Gemma Ray: „Down Baby Down“ (Series Aphonos/Soulfood)

■ The Somnambulist: „Sophia Verloren“ (Solaris Empire/Broken Silence), live am 9. 3. im Tiefgrund