Rauswurf wegen Klinikkeimen: Huppertz zu Unrecht gefeuert

Der Chef der Hess-Kinderklinik, Hans-Iko Huppertz, ist zu Unrecht fristlos entlassen worden, findet das Arbeitsgericht. Die Bremer Kinderärzte stehen hinter ihm.

Hans-Iko Huppertz hatte einen 16-Stunden-Tag im Klinikum Bremen-Mitte: Er war Chefarzt der Kinderklinik, ersetzte den Chefarzt der Neonatologie und war "Hygiene-Verantwortlicher". Bild: kawe

Mit vier Kündigungen und einem „Aufhebungsvertrag“ hatte Diethelm Hansen, der seit Monaten „freigestellte“ Geschäftsführer des kommunalen Klinikverbundes der Gesundheit Nord (Geno), versucht, den Chef der Prof. Hess-Kinderklinik, Hans-Iko Huppertz, fristlos zu entlassen. Alle diese rechtlichen Schritte hob das Bremer Arbeitsgericht gestern auf: Das Verhalten des Chefarztes der Kinderklinik gebe keinen Anlass für die Sorge, dass die Zusammenarbeit mit Huppertz in Zukunft „nicht zumutbar“ sei für den Arbeitgeber. Das aber sei die arbeitsrechtliche Frage, erklärte das Gericht.

Der Klinikverbund hatte immer neue Kündigungen mit nachgeschobenen Begründungen ausgesprochen, die letzte argumentierte mit einer „Gefährdung des Ansehens der Klinik“. Damit hatten die Anwälte der Klinik aber ein Eigentor geschossen: Nach dem, was er von den Kinderärzten gelesen habe, meinte der Arbeitsrichter, sei das Vertrauen der Kinderärzte zu Huppertz nach wie vor groß und es könne eher befürchtet werden, dass sie ihre „Fälle“ nicht in die Hess-Kinderklinik einweisen, weil Huppertz nicht mehr da ist.

Stefan Trapp, der Sprecher des Berufsverbandes der Kinderärzte, bestätigte das gestern. „Sehr erfreulich“ findet er das Urteil und die Rückkehr von Huppertz in die Hess-Kinderklinik wäre eine „Chance“ für die Klinik, „wieder zu einer normalen Arbeit zurückzufinden“. Sowohl die Kinderärzte der Kliniken wie die niedergelassenen Kinderärzte hatten im Herbst 2011 geschlossen – laut Trapp „ohne Gegenstimme“ – die Entlassung von Huppertz kritisiert. „Das war eine einsame Entscheidung von Herrn Hansen, der sich etwas Luft verschaffen wollte“, so versteht Trapp diese Maßnahme, es sei aber „ein Fehler“ gewesen und habe „die Lage nur verschäft“.

Arbeitsrechtlich spielten verschiedene Faktoren eine Rolle. Einmal hatte das Klinikum den Betriebsrat anfangs nicht vor der Kündigung befragt. Zudem steht im Arbeitsvertrag von Huppertz nichts von der Neonatologie und der Rolle als „Hygiene-Verantwortlicher“, die Vorwürfe eines Fehlverhaltens beziehen sich aber darauf. Man hätte Huppertz von diesen zusätzlichen Tätigkeiten entbinden können, ohne seinen Chefarzt-Vertrag zu kündigen, meinte das Arbeitsgericht.

Huppertz wurde auch zu der Mail vom 7. 9. 2011 befragt, aus der man den Eindruck gewinnen kann, er habe die Keime unter dem Deckel halten wollen, um das Image seiner Klinik nicht zu beschädigen. Dazu meinte er, er sei damals gerade von einem Kongress zurückgekommen, und habe, unvollständig informiert, in der Mail Fragen gestellt. Schon am folgenden Tage habe er sich ein eigenes Bild gemacht und durch seine Entscheidungen de facto anders gehandelt, die Mail nur nicht formell korrigiert. Inhaltlich räumte Huppertz ein, wenn damals schon – wie seit dem Januar 2012 Standard – alle Frühgeborenen auf Keimbefall routinemäßig getestet worden wären, hätte man das Problem früher erkennen können.

Wird Huppertz nun wieder Chefarzt der Kinderklinik? Die Sprecherin der Geno erklärte dazu gestern, man müsse die ausführliche schriftliche Urteilsbegründung auswerten. Die Eignung von Huppertz als Kinderarzt habe man nie infrage gestellt. Eine Mitarbeiterin der Hess-Klinik meinte auf dem Flur des Prozesses, in der Klinik würden alle hoffen, dass Huppertz wiederkommt.

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