Superpunk verabschiedet sich: Der Konsument hat eben versagt

Sag zum Abschied leise servus: Superpunk lösen sich auf – aber nicht ohne eine letzte Tour und ein Abschiedsalbum namens „A Young Persons Guide to Superpunk“.

17 Jahre Superpunk: Der Rückblick auf die eigene Geschichte dauert einige Zigaretten länger. Bild: Markus Wustmann

Rauchen hat schon immer geholfen. Beim Nachdenken über all die schönen und schwierigen Dinge, die getan werden müssen, wenn etwas zu Ende geht. Zu Nikotin wird auch gegriffen, als es um die Geschichte der Hamburger Band Superpunk geht, die demnächst zu Ende geht. Also stecken sich Carsten Friedrichs und Lars Bulnheim, Nochsänger und Nochgitarrist, erst mal Glimmstengel an.

Von außen fisselt Nieselregen ans Fenster und untermalt ganz wie ein Hamburgklischee den traurigen Anlass, zu dem man sich hier im Sofaraum des Labels Tapete Records getroffen hat. „Die Luft ist raus“, sagt Friedrichs lakonisch. „Und die Abstände zwischen den Proben wurden länger, irgendwann haben wir daher beschlossen, es lieber sein zu lassen.“

Der Rückblick auf die eigene Geschichte dauert noch einige Zigaretten länger. Ganz am Anfang war die Lektüre. Carsten Friedrichs las 1995 in der Bravo von Green Day als „den neuen Superpunks“ und dachte sich: „Das können wir auch!“ Und daraus wurden für die fünf von Superpunk 17 Jahre. Ganz schön lang für eine Band, die nie wirklich groß rauskam. Ganz schön kurz für eine Band, die einem das angenehme Gefühl vermitteln konnte, dass sich manches nie ändert.

„Eigentlich fühle ich mich wie 14“, sagt Friedrichs. Beim Rückblick lässt er Altersmilde über die Bandvergangenheit walten. „Es gab keine schlimmen Momente.“ In der Erinnerung werden noch die schmerzhaftesten Niederlagen nostalgisch verfärbt. Selbstkritik weicht Selbstironie, angesprochen auf das Ausbleiben kommerzieller Erfolge, sagt Friedrichs. „Der Konsument hat eben versagt“, und fügt dann schulterzuckend hinzu: „Ich kann mich auch über den Regen aufregen.“

Freundschaftlicher Seitenhieb

Der Titel des Superpunk-Debütalbums, „A bisserl was geht immer“, ist zum Zeit überdauernden Bandmotto geworden. Kein passionierter Frust über die wenigen Platten, die sie verkauft haben, die Konzertkarten, auf denen sie sitzen geblieben sind und die Ignoranz des Feuilletons. Wohl schon gar nicht über Letzteres. Denn mit dem „Studentenkram“ und „Philologengewichse“ der Hamburger Schule, wie Lars Bulnheim es nach Erscheinen des zweiten Albums „Wasser Marsch“ für die taz galant ausdrückte, wollten Superpunk inhaltlich nicht in einen Topf geworfen werden.

Ein freundschaftlicher Seitenhieb, versteht sich, denn schließlich hat Tocotronic-Bassist Jan Müller ursprünglich bei Superpunk angefangen, und Keyboarder Thies Mynther war Produzent der Sterne und spielt mit der Band Stella. Über den Zeitraum von drei Alben war man durch das Label L’Age D’Or ohnehin mit den Bands der Hamburger Schule verbunden. An die Erfolge ihrer Labelkollegen konnten Superpunk nicht anknüpfen, sie machten trotzdem weiter mit dem, worauf sie Lust hatten. Und spielten sich mit ihrer „Oldiemusik mit dünnen Gitarren und ironischen Texten“, wie es Friedrichs absichtsvoll miesepetrig beschreibt, eine treue Fangemeinde.

„Die goldene Ära des Hamburg Soul ist zu Ende“, klagt ihr Fahrer Frank Stöckling im lesenswerten Booklet des kürzlich erschienenen Best-of-Albums „A Young Person’s Guide to Superpunk“. Superpunk seien „zwar die einzigen, aber auch mit Abstand die besten Vertreter dieser kleinen, aber feinen Musikrichtung“ gewesen. Bleiben werden vor allem Verse wie diese aus dem Superpunk-Klassiker „Neue Zähne für meinen Bruder und mich“: „Ich habe keinen Hass auf die Reichen / Ich will ihnen nur ein bisschen gleichen.“

Um ihre Fans machen sich Superpunk keine Sorgen, es sei denn, sie gingen mit fliegenden Fahnen zu Herbert Grönemeyer. „Das würde mir das Herz brechen“, sagt Friedrichs. Für sie selbst ist auch gesorgt, bei allen geht es weiter mit Musik, nur eben auf getrennten Wegen: „Einmal damit angefangen, kann man nicht mehr aufhören.“ Wenn nach dem letzten Superpunk Auftritt die Lichter auf der Bühne gelöscht sind, geht von allem ein bisschen zu Ende: Soul, Punk und Hamburg. Macht zusammengenommen doch ganz schön viel. Wie soll man sich später an Superpunk erinnern? „Ich würde es begrüßen, wenn wir in Magazinen auftauchen, in denen Nerds Artikel über alte Bands schreiben“, sagt Lars Bulnheim, „mit Diskografie.“ Friedrichs wünscht sich „greise Fans“, die ihren Enkeln von früher erzählen. „Dann werden sie Köpfe schütteln, die ununterbrochen wackeln, und immer wiederholen: Ich versteh nicht, warum die nicht größer waren.“

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