Linke-Politiker Gallert über Lafontaine: „Ich lasse mich nicht unterbuttern“

Oskar Lafontaine habe eine patriarchale Vorstellung von der Partei, kritisiert der Fraktionschef der Linken in Sachsen-Anhalt, Wulf Gallert. Er wünsche sich mehr inhaltliche Arbeit.

Fühlt sich kaiserlich an: Napoleon als Lafontaine beim Rosenmontag. Bild: dapd

taz: Herr Gallert, Oskar Lafontaine will Parteichef werden, wenn es keine Konkurrenzkandidatur gibt. Was halten Sie davon?

Wulf Gallert: Ich habe damit zwei Probleme. Wer Parteivorsitzender werden will, von dem verlange ich eine Analyse unserer Situation. Wir haben in zwei Jahren die Hälfte unserer Wähler und sogar noch mehr Zustimmung in der Bevölkerung verloren. Welche strukturellen Ursachen hat das? Dazu höre ich weder von Oskar Lafontaine noch von Klaus Ernst Grundlegendes.

Lafontaine will klaren Oppositionskurs …

Mit der Ansage „Kurs halten, keine Debatten, eine möglichst stromlinienförmige Partei“ sind wir doch gescheitert. Mein Vorbehalt gegen Lafontaines Kandidatur ist: Es fehlt eine vernünftige Problemanalyse. Einige scheinen der Meinung zu sein, dass alles in Ordnung war, außer dass Oskar Lafontaine nicht Parteivorsitzender war. So geht es nicht. Sahra Wagenknecht hat zum Beispiel gesagt, dass unsere Partei nicht mehr zu erkennen ist, weil es unterschiedliche Vorstellungen über die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns gibt. Das ist mir zu oberflächlich. Und: Zeitgleich mit der Wahlniederlage in Schleswig-Holstein und in NRW haben wir bei den Kommunalwahlen in Thüringen einen historischen Erfolg erzielt. Das wird überhaupt nicht thematisiert.

Und das zweite Problem?

, 48, ist Fraktionsvorsitzender der Linken in Sachsen-Anhalt. Der gebürtige Havelberger war in der DDR Unterstufenlehrer. Nach 1990 studierte er Politikwissenschaft und zog 1994 erstmals für die PDS in den Magdeburger Landtag ein.

Das ist Oskar Lafontaines Ansage, nur zu kandidieren, wenn Dietmar Bartsch verzichtet. Und er ist der Meinung, dass in dem Führungsteam nur Menschen vertreten sein dürfen, die er persönlich ausdrücklich akzeptiert. Das ist eine patriarchale Vorstellung von der Partei. Darauf sollen wir uns einlassen, ohne dass er uns eine überzeugende inhaltliche Analyse präsentiert. Das hat mit einer emanzipatorischen Linken nichts zu tun.

Bleiben Sie in der Linkspartei, wenn Lafontaine sich durchsetzt?

Ich habe in dieser Partei, der ich ein bisschen länger angehöre als Oskar Lafontaine, schon Schlimmeres erlebt. Ich habe seit 1989 viele Anfeindungen über mich ergehen lassen und bin in der Partei geblieben. Ich werde nicht austreten. Und ich lasse mich nicht unterbuttern.

Empfinden Sie Lafontaines Inszenierung als Angriff?

Das ist die klare Ansage: Er will Parteivorsitzender werden, wenn es keine kritische Auseinandersetzung mehr mit ihm in der Partei gibt. Das ist ja nicht grundsätzlich neu. Alle Analysen von Klaus Ernst in den letzten zwei Jahren klangen ja genauso: Wir müssen monolithisch sein, dann geht es wieder aufwärts. Neu ist nun die Schärfe und Offenheit, mit der diese Position vorgetragen wird.

Wie geht es weiter?

Ich wünsche mir, dass vom Parteitag in Göttingen zwei Signale ausgehen: Die Linkspartei ist von ihrem Wesen her pluralistisch, und diese verschiedenen Positionen sind so kompatibel, dass wir zusammen etwas erreichen.

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