Nachruf auf Donna Summer: Die Disco-Queen, die Punks liebten

Donna Summer lieferte nicht nur den Soundtrack und den Glam von Disco. Zusammen mit Giorgio Moroder kreierte sie ein neues Musikgenre.

Unvergessliche Stimme: Disco Queen Donna Summer. Bild: imago/ Zuma Press

Gleich ihr erster Hit wurde vom britischen Radiosender BBC aus dem Programm verbannt. Ein evangelikaler Prediger in Florida ließ sogar Exemplare der Single öffentlich verbrennen. Genutzt hat es nichts, die afroamerikanische Sängerin Donna Summer hat mit „Love to Love You Baby“ 1974 Popgeschichte geschrieben. Der Song brachte Disco als Musikgenre in aller Munde und begründete ihren Weltruhm.

Im Wesentlichen besteht „Love to Love You Baby“ aus seiner Titelzeile, die 32-mal lasziv gesungen wird. Dazwischen liegen Stöhnen und Seufzen, ein Monster von einem funky Gitarrenriff und der Backbeat eines bis auf die Knochen reduzierten Schlagzeugs, fertig war die musikalisch äußerst wirksame Nachahmung von Beischlaf. Summer wird später sagen, sie habe sich beim Singen von Marilyn Monroe inspirieren lassen

Natürlich passte „Love to Love You Baby“ perfekt in die promiske Feier von Hedonismus der mittleren Siebziger, bevor die Aidsepidemie ausbrach und die Techniken der heute ubiquitären Dancefloorkultur vor allem in den Undergroundclubs von New York verfeinert wurden, mit einer Tanzmusik, die nonstop durch die Nacht erklang.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Donna Summer schuf dafür nicht nur den Soundtrack, sie inkorporierte den Glam der Diskothek schon in ihrem Styling: Ihre Füße waren mit Zehenringen geschmückt und ihre Wimpern glitzerten, was ihre extreme Lockenpracht nur noch besser zur Geltung brachte. „Love to Love You Baby“ ließ die Fieberkurve von Disco aber auch in produktionstechnischer Hinsicht ansteigen. Das war nicht nur dem spartanischen Arrangement von Summers Produzent Giorgio Moroder geschuldet.

Eurodisco in München

Der Südtiroler blies den Track auf 17 Minuten auf und machte „Love to Love You Baby“ zur Sex-Serenade, zu einem der ersten Hits im Format der Maxisingle. Aufgenommen wurde die Musik übrigens in den Musicland-Studios in München, damals eine wichtige Adresse für Mainstream-Rock, von E.L.O. bis Rolling Stones. Moroder entwarf dort mit einem Team von Studiomusikern sein Markenzeichen, einen Sound, der als Eurodisco um die Welt gehen sollte.

Donna Summer, die in einer streng religiösen Familie in Boston aufwuchs und im Gospel-Chor sang, war bereits 1968 nach München gekommen, um eine Rolle in der deutschen Fassung des Musicals „Hair“ anzunehmen. Sie hieß damals noch LaDonna Gaines, tingelte durch Kneipen und sang in Musicals. Als sie ihren österreichischen Schauspielkollegen Helmut Sommer heiratete, anglisierte sie dessen Nachnamen.

Endgültig zur Diva wurde Donna Summer 1977, als sie die Disco von München direkt in den Weltraum transferierte. Ihr Stück „I Feel Love“ – wieder zusammen mit Moroder und seinem Team entstanden, basierend auf Bass-Synthesizern und Drummaschine – ist ein pulsierendes elektronisches Discostück. Summer sang darin von einer Liebe, die sich maschinell anfühlte, was selbst von den Punks als zeitgemäße futuristische Musik akzeptiert wurde.

Nach ihren ersten großen Erfolgen kehrte Donna Summer wieder zurück in die USA. 1978 schafften es allein vier ihrer Singles an die Spitze der US-Charts, darunter „Hot Stuff“ und „Bad Girls“. Sie ließ sich nun stärker als Mainstream-Künstlerin inszenieren, verwendete Rockgitarren statt des Discosounds, aber leider kam sie nicht an die Originalität ihrer Arbeiten mit Giorgio Moroder heran. 1980 kam ihr Song „She Works Hard For The Money“ heraus, in dem sie einen mühseligen Alltag aus Sicht einer alleinerziehenden Mutter schildert.

Am Donnerstag ist Donna Summer im Alter von 63 Jahren einer Krebserkrankung erlegen. Möge sie weit oben die Luft mit Disco zum Vibrieren bringen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.