OLG-Urteil zu Telekom-Aktien: Volksaktionäre sind Verlierer

Diesmal siegt Goliath über David: Die Kleinanleger, die mit Telekomaktien hohe Verluste erlitten, unterliegen vor Gericht. Sie zerren den Konzern vor die nächste Instanz.

Sichere Anlagen? Das versprach die Telekom zum Börsenstart 1998. Bild: dpa

BERLIN taz | Es war eine wilde Zeit. Im Jahr 2000 bezahlten Millionen Menschen fast jeden Preis für irgendwelche Aktien von Internetunternehmen. Im Rückblick nannte man das Phänomen die „New-Economy-Blase“. Auch mit den so genannten Volksaktien der Deutschen Telekom AG verloren viele Bundesbürger damals einen Teil ihrer Ersparnisse.

Die Schadensersatzklage von rund 16.000 frustrierten Anlegern hat das Oberlandesgericht Frankfurt/Main am Mittwoch nun jedoch in einem Musterprozess abgewiesen.

Die Anwälte der Kläger, unter anderem Andreas Tilp und Klaus Rotter, argumentierten, die Telekom habe in ihrem Börsenprospekt vor dem dritten Aktienverkauf im Juni 2000 falsche Angaben gemacht. Weder sei der geplante, später als zu teuer kritisierte Kauf der US-Kommunikaktionsfirma Voicestream durch die Telekom im Prospekt erwähnt, noch der Immobilienbesitz des deutschen Unternehmens richtig bewertet worden. Die Telekom reduzierte den angeblichen Wert ihrer Grundstücke und Gebäude später um rund 2,5 Milliarden Euro.

Beim dritten Börsengang bezahlten die Anleger rund 66 Euro pro Telekom-Aktie. Als die Spekulationsblase 2000 und 2001 platzte, sackte der Kurs steil ab. Heute steht der Preis noch immer unter neun Euro pro Stück. Nun verlangen die enttäuschten Aktionäre 80 Millionen Euro Schadensersatz vom Unternehmen.

Teure Käufe, Billig-Immobilien

Diesen Wunsch wollte ihnen Richterin Birgitta Schier-Ammann aber nicht erfüllen. Im Börsenprospekt mochte sie keine Fehler entdecken. Die spätere Neubewertung der Immobilien habe sich „im Rahmen der üblichen Spannweite“ bewegt, urteilte das Gericht. Die Prozess-Vertreter der Telekom freuten sich. Was soll man von dem Urteil halten? Ende der 1990er Jahre schwappte eine Welle der Börsen-Euphorie durch´s Land. Man fabulierte darüber, dass die „Neue Ökonomie“ des Internets dank höherer Produktivität Börsengewinne und Wohlstand für Millionen Menschen schüfe.

Ohne Durchblick kauften viele Menschen zum ersten Mal in ihrem Leben Aktien. Auch der Kurs des Staatsunternehmens Telekom schoss von umgerechnet 15 Euro beim ersten Börsengang 1996 bis auf 103 Euro im März 2000 in die Höhe. Dann begann der Absturz, doch die Leute kauften weiter die im Nachhinein massiv überteuerten Papiere. Sie hätten vorsichtiger sein können.

Kläger geben nicht auf

Spekulationsblase, Unvorsicht und Börsencrash seien aber nicht die Punkte, sagte Anwalt Rotter, der etwa 200 Telekom-Kläger vertritt. Entscheidend ist für ihn, dass das Unternehmen falsche Angaben unter anderem zum Immobilienwert gemacht habe. Die Botschaft: Mit unrichtigen Informationen seien die Anleger hinter´s Licht geführt worden. „Es geht um Täuschung“, so Rotter gegenüber der taz. Dafür sei die Telekom verantwortlich, nicht der Finanzmarkt.

Eine Chance haben die Kläger freilich noch: Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig. Die Anwälte wollen nun in die nächste Instanz zum Bundesgerichtshof ziehen. Das entscheidende und letzte Wort werde der BGH sprechen, den man sofort am Mittwoch angerufen habe, so Anwalt Tilp.

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