Liegenschaftsfonds in der Kritik: Monopoly am Mühlendamm

Der geplante Verkauf der "Alten Münze" wirft Fragen auf: Das Land bervorzugt nicht das höchste Angebot, obwohl alle Bewerber eine kulturelle Nutzung planen. Warum eigentlich?

Sollte zuletzt den Zuschlag für die Alte Münze bekommen: Karstadt-Retter Nicolas Berggruen. Bild: dpa

Die landeseigene Immobilie „Alte Münze“ am Mühlendamm steht seit Jahren zum Verkauf. Jetzt kommen Zweifel an der Vergabepraxis des Liegenschaftsfonds auf.

Im Frühjahr 2011 schien alles klar zu sein: Das Gebot für die „Alte Münze“ lag bei 8 Millionen Euro, das kulturelle Nutzungskonzept der Bietergemeinschaft um die derzeitigen Zwischenmieter Pascal Johanssen und Katja Kleiss überzeugte. Als der Vertrag im Herbst unterschriftsreif war, sagt Johanssen, trat eine unerwartete Wendung ein: Das Kaufangebot wurde zurückgewiesen. Kurze Zeit später fiel die Entscheidung, die Münze per Direktvergabe an den Investor Nicolas Berggruen zu verkaufen. Der bietet deutlich weniger: 6,1 Millionen Euro.

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hat den Verkauf im März gestoppt und Zweifel daran geäußert, dass Berggruens Nutzungskonzept die Direktvergabe zu einem niedrigeren Preis rechtfertige. Eine Verkaufsentscheidung, so Nußbaums Sprecherin Kathrin Bierwirth, werde wohl erst fallen, wenn klare Kriterien für eine Direktvergabe ausgearbeitet sind. Und die werden in Berlin derzeit kontrovers diskutiert (s. Kasten).

Der Streit um den Verkauf der „Alten Münze“ spielt sich vor einer weitergehenden Fragestellung innerhalb der rot-schwarzen Koalition ab: Wie soll Berlin landeseigene Immobilien verkaufen? Nach dem Höchstgebot – oder nach möglichst sozialer oder kultureller Nutzung? Mit Ausschreibung – oder direkt an einen Interessenten? Darüber sind Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) und Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) uneins.

Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU heißt es: „Zur Förderung des Neubaus von Wohnungen wird der Senat auch das Instrument der kostenlosen oder ermäßigten Grundstücksvergabe nutzen.“ Nußbaum wendet sich zwar nicht gegen soziale Aspekte, er will die Immobilien aber dennoch zum vollen Marktpreis verkaufen. (sta)

Trotzdem bleibt völlig unklar, wie die plötzliche, nicht nachvollziehbare Entscheidung für eine Direktvergabe überhaupt zustandekam. Die Vergabe eines einzigartigen Gebäudes wie der Münze müsse unbedingt transparent verlaufen, fordern deshalb Johanssen und Kleiss.

Unverändertes Konzept

Die Senatsverwaltung für Finanzen hält die Entscheidung für recht klar: „Die Bietergemeinschaft hat sich zerschlagen“, sagt Sprecherin Bierwirth. Johanssen und Kleiss können das nicht bestätigen: Beide betreiben seit rund zwei Jahren das „Direktorenhaus“ in der Münze, in dem Designer und Kunsthandwerker ausstellen und arbeiten. Zwar sei eine Partnerin aus der sechsköpfigen Bietergesellschaft vergangenes Jahr ausgestiegen, erklärt Johanssen, es sei jedoch gelungen, einen anderen Investor ins Boot zu holen. Das Kaufangebot und das kulturelle Nutzungskonzept seien unverändert geblieben. „Wir wundern uns deshalb sehr, dass unser Angebot nicht länger berücksichtigt wird“, so Johanssen zur taz.

Ausgeschrieben wurde die Alte Münze vom Liegenschaftsfonds. Jochen Esser, finanzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion und Mitglied im Aufsichtrat des Liegenschaftsfonds, kann ebenfalls nicht nachvollziehen, warum das Angebot des Direktorenhauses nicht mehr gültig sein soll: „Das Konzept ist noch dasselbe, das Geld ist da.“

Angeboten worden war die Alte Münze zunächst im Rahmen eines beschränkten Bieterverfahrens, das eine kulturelle Nutzung vorschreibt. Bei diesen Verfahren muss einerseits mindestens der Verkehrswert der Immobilie erzielt werden – im Fall der Alten Münze beträgt dieser 5,17 Millionen Euro. Außerdem muss das Angebot ein Nutzungskonzept beinhalten. Im März hatte die Berliner Morgenpost berichtet, Nicolas Berggruen plane in der Münze ein „Kreativquartier“, was Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz begrüße. Das Konzept von Johanssen und Kleiss orientiert sich dagegen am „Direktorenhaus“. „Es sieht eine einzigartige, ehrliche kulturelle Nutzung vor“, so Johanssen.

Auf Anfrage der taz wollte sich die Wirtschaftssenatorin nicht zum Thema äußern. Laut ihrem Sprecher befindet sich von Obernitz derzeit „im Gespräch“ mit dem Finanzsenator.

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