Sozialräume: Saga sät Zwietracht

Die städtische Wohnungsgesellschaft Saga will ihre Sozialräume nicht mehr allen umsonst überlassen. Wer bezahlt und wer nicht, bestimmt das Unternehmen.

Nun hinterfragt die Saga ihren Wert fürs Quartier: eine der Initiativen aus Mümmelmannsberg. Bild: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Die Mitglieder des Vereins Creative Werkstatt Mümmelmannsberg treffen sich in einem der Plattenbauten, die sich die Große Holl entlang reihen. Es sind triste Viergeschosser aus Waschbeton, doch im Souterrain der Nummer 10 kleben bunte Collagen an den Wänden, und in der Ecke steht ein Totempfahl aus Pappmaschee. Einige Frauen und ein Mann sitzen an Tischen, sie trinken Tee und dekorieren Vogelhäuser – wie lange noch, ist allerdings die Frage.

Seit 2010 trifft sich die Gruppe in einem der Sozialräume, die das städtische Wohnungsunternehmen Saga GWG Initiativen aus dem Stadtteil überlassen hat. Für die Saga war das praktisch, denn zu Wohnungen ausbauen durfte man sie ohnehin nicht. So hielten die Initiativen aus dem Stadtteil die Räume in Schuss.

Rund 20 Initiativen und Vereine nutzen die Sozialräume der Saga GWG in Mümmelmannsberg, zum Teil schon seit Jahrzehnten, bezahlen mussten sie bisher nichts dafür. Das soll sich nun ändern: Die Saga strebe „mit den derzeitigen Nutzern eine einvernehmliche Regelung bezüglich der Betriebs- und Heizkosten“ an, erklärt das Unternehmen. Die neue Regelung werde „zeitlich und sachlich differenziert sein und sich stark an der Bedeutung für die Nachbarschaft, die Hausgemeinschaft oder das Quartier ausrichten“.

Die Saga GWG ist ein ehemals gemeinnütziges städtisches Wohnungsunternehmen. Sie ist das zweitgrößte Deutschlands und das größte Hamburgs.

Privatisierungsvorschläge haben sich bislang nicht durchgesetzt.

Der Jahresüberschuss 2010 betrug rund 134 Millionen Euro.

Die Aktien der Saga GWG hält die Stadt Hamburg.

130.000 Wohnungen und 1.500 Gewerbeobjekte in Hamburg sind in ihrem Besitz.

In Mümmelmannsberg gehören dem Wohnungsunternehmen rund 8.000 Wohnungen. Für Sanierungen vor Ort will die Saga GWG bis 2020 rund 130 Millionen Euro ausgeben.

Bei einem Treffen zwischen den sozialen Einrichtungen in Mümmelmannsberg und der Saga in der vergangenen Woche wurde das Wohnungsunternehmen konkreter. Die Saga-Vertreter wollten die Initiativen, die ihre Sozialräume nutzen, in drei Kategorien unterteilen, berichtet Bärbel von Damm, die Vorsitzende der Creative Werkstatt Mümmelmannsberg. Für die erste Kategorie sei die Nutzung der Räume weiterhin umsonst. Initiativen der zweiten Kategorie müssten Strom, Heizung und Warmwasser bezahlen. Für Gruppen, die der dritten Kategorie zugeordnet würden, sei eine reguläre Miete fällig.

„Wir sind erschüttert darüber, dass die Saga ganz offensichtlich einen Keil in die Solidargemeinschaft treiben will“, sagt von Damm, deren Creative Werkstatt Mümmelmannsberg in die zweite Kategorie fallen soll. Der Mitgliedsbeitrag bei ihnen liege zwischen 2,50 und fünf Euro monatlich, sagt sie. „Einen Mitgliedsbeitrag, der die Nebenkosten decken würde, wird und kann hier niemand zahlen.“

Bislang liegen dem Sanierungsbeirat Mümmelmannsberg keine schriftlichen Belege über die Pläne der Saga vor, ebenso wenig gibt es es Kalkulationen über die zu erwartenden Kosten. Michael Mathe, Sanierungsbeiratsvorsitzender und Leiter der Stadtplanung im Bezirk Mitte, befürchtet, dass wegen der „schlechten baulichen Substanz“ in einigen Räumen „sehr hohe Heizkosten“ anfallen.

In einer Sondersitzung will der Sanierungsbeirat erreichen, dass die Saga keine Unterscheidung zwischen den Gruppen trifft. Doch die Saat der Zwietracht könnte bereits aufgegangen sein: Vorsorglich hat die Vorsitzende des Vereins Creative Werkstatt Mümmelmannsberg schon mal aufgelistet, was ihr Verein im Vergleich zu anderen leistet, die weiterhin umsonst tagen. Auch sie seien über die Grenzen von Mümmelmannsberg hinaus aktiv, heißt es da, die Mitgliedsbeiträge seien sozial gestaffelt, und die Gemeinnützigkeit habe man auch – nicht bei allen Gruppen der ersten Kategorie sei das der Fall.

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