The Pirate Bay plant Drohnennetzwerk: Die Netzpiraten heben ab

Das Datentausch-Suchportal „The Pirate Bay“ will seine Server auf ein Netzwerk von fliegenden Drohnen verlegen. Technisch kein Problem, doch rechtlich kaum umsetzbar.

Dezentraler Zugriff auf die Piratenbucht: Propellerdrohne im Test. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Katz-und-Maus-Spiel mit den Behörden geht weiter: „Jeder weiß, was wir sind. Jetzt geht es um die Frage, wo wir sind“ kündigten die Betreiber der Pirate Bay auf dem IT-Blog Torrentfreak am Sonntag an.

Denn die Jungs hinter der weltweit größten Zweigstelle für Filesharer wollen ihre Server verlegen – in den Himmel. Fliegende Serverdrohnen seien ein Ausweg, um „Zensurattacken“ und nationalen Ermittlungsbehörden und zu entgehen, denen die schwedische Piratenbucht schon länger ein Dorn im Auge ist.

Daher experimentiere man laut hauseigenem Blog mit Low Orbit Server Stationen (LOSS), die in einer Höhe von mehreren Kilometern schweben und per Funk Daten übertragen sollen. Im Test könne man auf eine Distanz von 50 Kilometer immerhin Übertragungsraten von 100 Megabit pro Sekunde erreichen – „mehr als ausreichend für ein Proxysystem.“ In Zukunt könnten winzige //de.wikipedia.org/wiki/Raspberry_Pi_Foundation:solarbetriebene Raspberry-Pi-Computer als Server verwendet werden.

Und man gibt sich angriffslustig: Die Drohnen „müssten mit Flugzeugen abgeschossen werden, um unser System abzuschalten. Eine echte Kriegshandlung“, heißt es in dem Blogeintrag. Dafür ernteten die Pirate Bay-Verantwortlichen, die sich damit brüsten, das widerspenstigste System der Galaxie zu sein, euphorische Glückwünsche und viel Jubel: die Aktion sei „unglaublich“, „episch“, einfach „f***ing awesome“.

Dass die Idee zumindest im Kleinen funktioniert, zeigt das Projekt Electronic Countermeasures des Briten Liam Young. Der Gründer von Tomorrow’s Thoughts Today ließ schon 2011 Teilnehmer eines Festivals im niederländischen Eindhoven über ein drohnenbasiertes Miniatur-Internet Files tauschen. Young von der Idee überzeugt: „Es werden nicht die technischen Hürden sein, an dem das Projekt scheitern wird“, sagte er im Gespräch mit der taz.

Schnell ausgeträumt

Doch so schön, wie der Traum von über den Wolken schwebenden, unantastbaren Servern ist, so unwahrscheinlich ist seine großflächige Umsetzung.

Ein völlig vom Erdboden und damit von irdischen Gesetzen losgelöstes Netzwerk ist schier unmöglich. Auf einer Höhe von 50 Kilometern müssten die Drohnen permanent von einem Netz an Bodenstationen verfolgt und geortet werden, um Daten übertragen zu können. Oder aber die Satelliten müssten geostationär betrieben werden – in 36.000 Kilometer Höhe.

Und auch der Traum vom rechtsfreien Luftraum ist schnell ausgeträumt. „Der Weltraum beginnt ab 100 Kilometern Höhe und unterliegt internationalem Recht“ erklärt Andreas Schütz, Pressesprecher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. „Darunter greifen die jeweiligen nationalstaatlichen Bestimmungen des Landes, über welchem sich der Flugkörper befindet.“

Vor behördlicher Verfolgung wäre die Pirate Bay bei 50 Kilometern Flughöhe also nicht geschützt. Und ein Abschießen der Drohnen wäre keine Kriegshandlung, sondern würde – ganz unspektakulär – in einem Rechtsstreit enden. Das müssten die Pirate Bay-Betreiber wissen, denn dass sie sich in Rechtsfragen auskennen, haben sie schon des Öfteren bewiesen. Daher ist die Ankündigung wohl eher PR-motiviertes Säbelrassen als eine ernst gemeintes Kampfansage.

Denn die Filesharer mussten in letzter Zeit herbe Rückschläge in Kauf nehmen. Immer mehr Länder erwägen gerichtliche Schritte gegen die Seite, in den USA stimmten mehrere Provider zu, Filesharer, die auf The Pirate Bay zugreifen, zu verwarnen. Die erste Generation der Betreiber wurde von einem schwedischem Gericht zu Haftstrafen verurteilt, die Revision selbst vom obersten schwedischen Gerichtshof abgewiesen. Da bleibt nur die Flucht nach vorn – oder eben nach oben.

Update 22.03.12 14.50: In einer früheren Fassung dieses Textes hieß es, ein geostationärer Satellit müsste auf 26.000 Kilometern Höhe betrieben werden. Richtig ist, dass die notwendige Flughöhe 36.000 Kilometer beträgt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.