Debatte um Flugrouten: Aus der Luft gegriffen

Die Anzahl der Flüge pro Tag ist für mehrere Strecken nicht auf dem neuesten Stand. Insbesondere bei von der Wannsee-Route Betroffenen sorgt das für großen Ärger.

Hier sollte man sich die Ohren zuhalten Bild: dpa

Die Auslastung der künftigen Flugrouten des Großflughafens BBI wird deutlich höher sein als bisher angenommen. Die Berliner Grünen sprechen von einem inakzeptablen Vorgang, Rechtsanwalt Remo Klinger wirft dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) schwere Rechtsfehler vor. Am Freitag war bekannt geworden, dass auf der Wannseeroute pro Nutzungstag künftig mit täglich 83 Abflügen statt mit 48 gerechnet werden muss.

Mit der Eröffnung des Großflughafens Berlin Brandenburg International (BBI) am 3. Juni 2012 bekommt Berlin ein internationales Drehkreuz für den Luftverkehr - nun hat die Deutsche Flugsicherung mitgeteilt, dass die Airlines einen höheren Bedarf für den Sommerflugplan angemeldet haben. Das führt aber auch zu einer veränderten Auslastung der geplanten Flugrouten. So sollen allein auf der sogenannten Wannseeroute bei Westwind täglich deutlich mehr Starts möglich sein. Remo Klinger wirft dem Bundesamt für Flugsicherheit (BAF), das die Flugrouten genehmigt hat, einen schweren Rechtsfehler vor.

Klinger vertritt als Anwalt die rechtlichen Interessen der Stadt Teltow und der Gemeinden Kleinmachnow und Stahnsdorf im Flugroutenverfahren. "Das BAF hätte zum Zeitpunkt der Flugroutenfestlegung von einer realistischen Prognosebasis ausgehen müssen", sagte Klinger der taz. Hintergrund ist, dass die Fluggesellschaften ihren erhöhten Bedarf bereits im November auf einer Konferenz in Singapur angekündigt haben. Das BAF habe bei der Vorstellung der genehmigten Routen am 26. Januar daher bereits wissen müssen, dass die Flugprognosen für diese Strecken veraltet seien. Klinger hält die Wannseeroute damit für unhaltbar. Würde Potsdam künftig umflogen, schone das die Bewohner, sagt er. Auch die Fluggesellschaften würden durch eine solche Streckenänderung künftig nur zwei Minuten verlieren.

Die Friedrichshagener Bürgerinitiative (FBI) sieht die Zunahme der Flüge über den Wannsee ebenfalls kritisch. Man befürchte, dass auch auf der Müggelseeflugroute das Flugaufkommen höher sein werde. "Wannsee und Müggelsee werden so zu den Lärm- und Drecksklos Berlins", sagte ein FBI-Sprecher der taz. Axel Raab, Sprecher der Deutschen Flugsicherheit (DFS), bestätigte der taz die Zuwächse. So werde es auf der südöstlichen Flugroute "Gerga" künftig 62 statt 42 Flüge geben. Ähnlich drastisch sieht es auf der "Gorig" aus, die am Müggelsee vorbeigeht: Hier steigt die Zahl der Flugbewegungen von 92 auf 124. Raab räumt ein, dass das BAF bei der Vorstellung der Routen am 26. Januar einen Hinweis darauf hätte geben können, dass die Prognosen noch aktualisiert werden müssten, auch wenn dies an der letztendlichen Abwägung nichts geändert hätte.

Kritik wegen der unvollständigen Angaben kommt auch von den Berliner Grünen. Die Wannseeroute und die Streuung einer so hohen Zahl von Flügen über dem Berliner Südwesten sei inakzeptabel, erklärten die Kreisvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen in Steglitz-Zehlendorf. Sie fordern, das Votum der Fluglärmkommission und des Umweltbundesamtes umzusetzen, das vorsieht, den Berliner Ballungsraum und Potsdam auf einer außen liegenden Route zu umfliegen. Die Grünen weisen auch auf das Risiko eines Flugzeugabsturzes hin, das mit der erhöhten Nutzung der Wannseeroute einhergehe: Die Strecke führt nahe am Forschungsreaktor Helmholtz-Zentrum vorbei. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherheit war bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

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