Mitarbeiter protestieren: "Ich habe den Hut auf"

Die grüne Sozialsenatorin verteidigt die geplante Auflösung des "Amtes für soziale Dienste", das offenbar zu effektiv arbeitet - und erntet wütende Sprechchöre

Standing tut Not: Anja Stahmann, grüne Sozialsenatori Bild: Jan Zier

Der große Saal des Maritim-Kongresszentrums war voll, als gestern die Personalversammlung des Amtes für soziale Dienste (AfsD) angesagt war. Es ging um die Auflösung des Amtes - vor zwei Wochen war durchgesichert, dass das beschlossen werden soll. Erstmals hatten die Mitarbeiter nun die Gelegenheit, von der Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) die Hintergründe und die Folgen erklärt zu bekommen.

"Im kleinen engeren Kreis" sei die Sache beraten und politisch entschieden worden, berichtete Stahmann, vor allem von der Behördenspitze. Die Sozialzentrumsleiter jedenfalls habe sie erst hinterher informiert, das sei ein Fehler gewesen, "die Sozialzentrumsleiter würde ich jetzt einbeziehen, diese Kritik ziehe ich mir an". Im Oktober solle die Umsetzung beginnen. Die sechs Bremer Sozialzentren sind bisher im AfsD zusammengefasst und sehen ihre fachliche Kompetenz von diesem Amt gegenüber der Behörde vertreten.

Warum soll das Amt für Soziale Dienste zu einer "Abteilung 4" der Behörde gemacht werden? Stahmann hatte drei Argumente: Es gebe "Reibungsverluste", parallele Strukturen, meinte sie, erklärte aber nicht, woran das liegt und warum die neue Struktur die Antwort auf das Problem sein kann. Zweites Argument: "Weil wir ein Ressort sind." Drittes Argument: "Wir sind ein Ressort mit einer Pep-Quote", 34 Stellen müssten gestrichen werden bis Ende 2013. "Pep" war einmal das schöne Wort für "Personalentwicklungs-Programm". Und schließlich: "Ich habe den Hut auf."

"Ich bin gerne ihr Amtsleiter", erklärte Peter Marquard, der Leiter des Amtes für soziale Dienste. Er hätte "gewesen" hinzufügen müssen - seine Stelle ist im Oktober dann weg. "Er hat seinen wichtigen Job gut gemacht", lobte Stahmann. "Aus Loyalität" meinte später Marquard, schweige er, aber soviel: "Für mich ist eine Grenze erreicht".

Erich Böhm, Leiter des Sozialzentrums West, nahm kein Blatt vor dem Mund. Die letzte Organisationsreform ist noch nicht voll umgesetzt, da kommt schon die nächste, erklärte er. Kommunikationsprobleme gebe es, klar. Bis heute sei nicht geklärt, wer für die Häuser der Familie zuständig sein soll. Drei vorhandene Abteilungen im Sozialressort arbeiten manchmal eher schlecht als recht zusammen - wie will dieses Ressort Sozialzentren steuern, die "sozialräumlich" arbeiten, also keine Trennung von Jugendamt und Sozialamt kennen? Vor allem aber, so Böhme, seien bestimmte "Doppelstrukturen" auch durchaus sinnvoll - es müsse Fachleute geben, die die senatorische Sozialbehörde gebündelt mit den Erfahrungen derer konfrontieren, die die Arbeit vor Ort machen.

Peter Wührmann, Leiter des Sozialzentrums Süd, wunderte sich, dass "ausgerechnet eine Grüne", die gerne von mehr Transparenz redet, so vorgehe. Im Herbst habe es eine schöne Veranstaltung "Kommunikation statt Hierarchie" gegeben, erinnerte er unter dem Gejohle des Saales. Wer die "Beteiligung" der Fachleute als störend empfinde, der gehe das Risiko ein, dass seine Entscheidungen nicht "nachhaltig" seien und die demotiviere, die die Änderungen umsetzen sollten. Er riet der Senatorin, "einen Schritt zurück" zu gehen.

Sozialzentren dürften sich nicht wie kleine "Königreiche" verstehen, konterte Stahmann. Immer wieder war sie von Sprechchören "Abteilung 4 - nein" aus dem Saal unterbrochen worden.

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