Bürgerkrieg in Mali: Mit Hubschraubern gegen Rebellen

Die Regierung hat die Kontrolle über große Teile des von Wüste bedeckten Nordens Malis an eine Tuareg-Rebellenarmee verloren. Zehntausende sind auf der Flucht.

Jugendliche protestieren in Bamako, der Hauptstadt von Mali. Bild: dapd

BERLIN taz | Mali rutscht immer tiefer in den Bürgerkrieg hinein. Im Abwehrkampf gegen die neue Rebellenarmee des Tuareg-Nomadenvolkes MNLA (Nationale Befreiungsbewegung Azawad) hat sich die Regierungsarmee offenbar aus dem gesamten wüstenhaften Norden des Landes zurückgezogen, bis auf die Stadt Kidal. Von dort aus sowie der Stadt Gao fliegt sie mit Kampfhubschraubern Luftangriffe auf MNLA-Stellungen an den Grenzen zu Algerien und Niger. Mehrere Dutzend Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein, berichten malische Medien.

Mitte Januar war die MNLA erstmals in Erscheinung getreten - als bewaffnete Gruppierung von Tuareg-Söldnern, die 2011 im libyschen Bürgerkrieg aufseiten des gestürzten Machthabers Muammar al-Gaddafi gekämpft hatten und dann mit ihren schweren Waffen in die Heimat zurückgekehrt waren.

In ihren Siedlungsgebieten im Norden Malis fanden sie die aus Algerien eingedrungene Islamistengrupper AQMI (Al-Qaida des Islamischen Maghreb) vor und sagten zunächst ihr den Kampf an.

Dies verwandelte sich dann in eine Kampfansage an den malischen Staat. Dieser überlasse die Bevölkerungen der Wüstengebiete sich selbst und der allgemeinen Unsicherheit der Sahara. Mehrere Orte an den Grenzen zu Niger und Mauretanien fielen kampflos an die Rebellen.

In der Garnisonstadt Aguelhoc in den Adrar-Bergen im Osten des Landes wurden bei der Einnahme durch die MNLA Ende Januar mehrere Dutzend Soldaten massakriert - angeblich unter Beteiligung islamistischer Kämpfer, obwohl die Tuareg-Rebellen jedes Bündnis mit den radikalen Islamisten dementieren.

Diese Übergriffe führten zu Protestdemonstrationen von Angehörigen der Regierungssoldaten und Pogromen gegen Tuareg sogar in der Hauptstadt Bamako. Das hat wiederum die MNLA in Tuareg-Augen legitimiert.

Vergangene Woche nahm die Tuareg-Rebellenarmee die Städte Tessalit und Tinzawaten ein, die an der einzigen Hauptstraße zwischen Mali und Algerien liegen, und schnitten damit den grenzüberschreitenden Verkehr ab. Die malische Armee eroberte zwar zugleich verlorene Gebiete an der Grenze zu Mauretanien zurück, aber der Eindruck blieb, dass Malis Regierung im Begriff sei, die Kontrolle zu verlieren.

"Genozid" an den Tuareg

Die Fronten scheinen verhärtet. Die MNLA spricht von einem "Genozid" an den Tuareg und wirft der Regierung vor, friedliche Nomaden samt ihren Kamelherden mit von "ukrainischen Söldnern" gesteuerten Kampfhubschraubern zu massakrieren.

In Malis Hauptstadt Bamako wiederum wird heftig politisch gestritten. Parteigänger des Präsidenten Amadou Toumani Touré (ATT), der nach zwei gewählten Amtszeiten nicht erneut bei den für April geplanten Wahlen antreten wird, sprechen von einer gezielten Destabilisierung. Oppositionelle hingegen werfen dem Präsidenten vor, jetzt die Früchte seiner Vernachlässigung der Sicherheitskräfte zu ernten.

Beide Sichtweisen haben gemein, dass sie die Tuareg nicht als Akteure mit eigenen Interessen wahrnehmen, sondern nur als Spielball anderer Interessen. Die meisten in Mali lebenden Tuareg, die sich nicht der Rebellion angeschlossen haben, sind derweil nach Mauretanien oder Burkina Faso geflohen.

Zu Friedensgesprächen bereit

Malis Regierung streckt nun die Fühler in Richtung Friedensgespräche aus. Am Montag sprach der Präsident in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou mit seinem Amtskollegen Blaise Compaoré.

In Ouagadougou soll die MNLA-Führung leben sowie nach offiziellen Angaben 72 geflohene Regierungssoldaten aus Mali, darunter ein Gendarmeriekommandeur, der sich jetzt regelmäßig als ein Sprecher der Tuareg-Rebellen zu Wort meldet.

Burkina Faso, bereits von 2005 bis 2011 Schirmherr eines Friedensprozesses beim südlichen Nachbarn Elfenbeinküste, könnte nun eine ähnliche Rolle beim nördlichen Nachbarn Mali spielen.

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