Die Dschungelkönigin Brigitte Nielsen: Die Offenbarung des Schokokeksriegels

Sie hatte die besten Drogen. Sie hatte alles im Griff. Und das, obwohl sie mal was mit Hollywood hatte. Brigitte Nielsen ist die erste wahre Dschungelkönigin.

Selbstbestimmt im Trash-TV: Die neue Dschungelkönigin Brigitte Nielsen. Bild: RTL / Stefan Menne

BERLIN taz | Dschungelcamp? Das Letzte, das Ekligste, der Untergang. Des Abendlandes, mindestens aber des Fernsehens. Vielleicht. Klar, kann man jetzt kommen mit den fast sieben Millionen Zuschauern, die sich die sechste Staffel von "Ich bin ein Star – holt mich hier raus" in den vergangenen 16 Tagen auf RTL Abend für Abend angesehen haben. Mit angesehenen Feuilletonisten, die sich längst damit beschäftigen.

Mit dem Spaß, den es macht, sich das anzukucken. Alles, um zu bezeugen: Ist gar nicht so schlimm. Man kann aber auch einfach sagen: Schaut euch Brigitte Nielsen an, die Dschungelkönigin. Am Samstagabend wurde sie endlich gekürt, doch noch nie war schon so früh klar, wer die Krone kriegen wird. Weil die Dänin, die mal was mit Hollywood hatte, mit Sylvester Stallone, Arnold Schwarzenegger und Sean Penn, die alles schon gesehen und gemacht hat, die seit zehn Jahren durch zig Realityshows tingelt – Brigitte tanzt, Brigitte bei "Big Brother", Brigitte lässt sich den Körper neu machen - weil "Tante Brigidde" alles überstrahlte.

Die meisten Stars, die in den Dschungel gehen, waren nie welche. Sie haben Schulden, massive Geltungsbedürfnisse, sonst nichts zu tun. Sie wirken oft verzweifelt, zu bemüht, zu verstellt. Brigitte Nielsen stand da, groß, braungebrannt, blond und durchtrainiert, eine Kämpferin, und sie strahlte Würde aus, unbedingten Willen und wirkte stets so, als sei es das, worauf sie die 49 Jahre ihres Lebens gewartet hat.

Der ekelt vor nix

Der Höhepunkt, auf den alles zulief, der alles heilte, alles gut machte. Sie war da, wo sie immer sein wollte. Zumindest tat sie so. Und vermittelte dadurch unbändige gute Laune. "I feel good", sang sie tanzend bei jeder Gelegenheit, ein "Oh mein God" ließ selbst einen Schokokeksriegel wie eine Offenbarung wirken, unerschrocken ließ sie Kakerlaken über sich krabbeln, sich mit Schleim übergießen, aß Tierafter oder waren es Hoden?

Jedenfalls: Der ekelt vor nix. Wo die anderen düster vor sich hin sinnierten (Vincent und Ailton), ausdruckslos ihre Brüste in die Kamera hielten (Micaela) oder sich in kleinliche "Du hast mehr Essen als ich"-Streitereien verstrickten (Jazzy, Radost), da vollführte Brigitte einen Regentanz.

Sie hatte die besten Drogen. Und sie kümmerte sich, motivierte, hörte zu, litt mit. Wenn sie gefragt wurde, ließ sie ein paar Details raus, über Arnies starke Waden oder Stallone, das Kaninchen im Bett. Alles immer wohldosiert. Sie sprach über ihre Abhängigkeit ("Alkohol hat mir meinen Kopf genommen") und über gewalttätige Ex-Männer. Sie war ganz da, ganz im Moment – die "Big Mama" des Carpe diem. Und sie hatte alles im Griff. Die Mitinsassen, die sonst so bösen Moderatoren, denen bei Brigitte nichts mehr einfiel, und sich selbst.

"Dont’t take it personal, that sieht nicht gut aus im Fernsehen", riet sie den jungen Frauen im Camp. Wo die ständig stolz in die Kamera sagten: "Ich bin ich geblieben, ich war mir selbst treu, ich war so, wie ich bin, ich bin ich" – und man als Zuschauer nur rufen wollte: "Bist du niiiiicht!" Da präsentierte Brigitte Nielsen die große Kunst, im Fernsehdschungel selbstbestimmt zu sein. Das macht sie zur wahren Königin.

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