Agrarfabrik: Hähnchenmast mit Hindernissen

Die Region Hannover genehmigt neue Mastanlage für den Riesenschlachthof in Wietze, verschärft allerdings die Brandschutzauflagen. Das treibt die Kosten hoch.

Könnten durch die neuen Auflagen teurer werden: Brathähnchen. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Region Hannover hat den Bau von zwei Mastställen mit je 42.400 Hühnern in der Nähe von Groß Munzel genehmigt. "Ich habe immer gesagt, diese Verwaltung wird die Ställe durchboxen", sagt Michael Hettwer von der "Bürgerinitiative Munzel". Dabei habe die Regionsversammlung gegen Großmastställe votiert.

Über 400 Großmastställe sind erforderlich, um die größte Geflügel-Schlachtanlage Europas in Wietze nördlich von Hannover auszulasten. 27.000 Hühner in der Stunde oder 134 Millionen Hühner im Jahr könnten dort geschlachtet werden. Betrieben wird der Riesenschlachthof von der "Celler Land Frischgeflügel GmbH", einem Teil der Rothkötter-Gruppe. Allein der Neubau des Schlachthofs ist vom Land Niedersachsen mit 6,5 Millionen Euro gefördert worden.

Während es im Emsland inzwischen so viele Mastställe gibt, dass wegen der Immissionsbelastungen keine Baugenehmigung mehr zu bekommen ist, gibt es in Groß Munzel keine Probleme. Der Betreiber des Maststalls, Landwirt Arnd von Hugo, darf ohne Filter und Abluftreinigung bauen. "Derzeit gibt es keine rechtlichen Grundlagen, um den Einbau von Filtern zu verlangen", sagt der Umweltdezernent der Region Hannover, Axel Priebs. Weitere Bauanträge liegen vor, unter anderem im Wasserschutzgebiet Seelze-Dedensen für 37.500 Hühner und in Springe-Boitzum für 80.000 Hühner.

"Regionspräsident Hauke Jagau und die Verwaltung nehmen die Gesundheitsfürsorge nicht ernst", sagt Michael Hettwer von der "Bürgerinitiative Munzel". Resistente Keime kämen auch aus Massentierställen. "Ich halte daher diese Entscheidung für unsouverän", sagt Hettwer. Die Verwaltung habe ihren Spielraum bei der Auslegung der Gesetze nicht genutzt.

Wie sorgfältig die Region arbeite, zeige sich schon bei den Zahlen, sagt Hettwer. So sollen 84.800 Mastplätze genehmigt worden sein - 400 mehr, als beantragt. Hettwer hofft, dass dies "nur ein Schreibfehler" sei. "Sonst bekomme ich Angst, wenn die den Missbrauch von Antibiotika kontrollieren wollen."

Strenger als sonst ist die Region Hannover allerdings bei den Brandschutz-Auflagen für den Maststall vorgegangen. So muss der Landwirt eine Brandmeldeanlage und einen Rauchabzug einbauen, die Löschwasserversorgung sicherstellen und den Stall mit einer brandfesten Stahlkonstruktion erbauen - nicht mehr zehn, sondern jetzt 30 Minuten soll die Konstruktion einem Feuer standhalten, damit die Feuerwehr eine Chance hat, zu reagieren. Außerdem wurde der Einbau von zwei Toren und einer Rettungsfläche zur Auflage gemacht, um die Tiere im Notfall evakuieren zu können.

Durch die Auflagen entsteht ein Präzedenzfall, der die Kosten für die Landwirte in die Höhe treiben könnte. Bei Verkaufspreisen, die sich pro Hähnchen im Cent-Bereich bewegen, könnte damit die Rentabilität der Mastställe in Frage stehen.

Die beantragte "sofortige Vollziehung" des Bauvorhabens hat die Regionsverwaltung abgelehnt. Somit ist bis Mitte Januar Zeit, Widerspruch einzulegen. 460 Einwendungen gab es bereits im Vorfeld. "Wir werden prüfen, ob wir Widerspruch einlegen oder klagen", sagt Bürgerinitiativen-Sprecher Hettwer. Mit Hilfe des Netzwerks "Bauernhöfe statt Agrarfabriken" sei der Gang durch die erste Instanz finanziell abgesichert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.