Gerichtsentscheid zu Stuttgart 21: Juchtenkäfer stoppt Bauarbeiten
Das Verwaltungsgericht gibt einer BUND-Klage statt. Die Änderung des Grundwassermanagements bei den Bauarbeiten verstößt gegen den Artenschutz. Der Stopp gilt nur für einige Teile der Baustelle.
MANNHEIM dpa | Wichtige Bauarbeiten für das Bahnprojekt Stuttgart 21 sind bis auf weiteres gestoppt. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) gab einer Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) statt. Es geht um das Grundwassermanagement und den Artenschutz bei den Bauarbeiten. Das Gericht teilte am Freitag in Mannheim mit: "Die vom Eisenbahn-Bundesamt zugelassene 5. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 betreffend die Umplanung des Grundwassermanagements für den Bau des neuen Tiefbahnhofs in Stuttgart ist rechtswidrig und nicht vollziehbar."
Der VGH verlangt Nachbesserungen beim Thema Artenschutz. Dabei müsse der BUND eingebunden werden. Die Baumaßnahmen am Grundwasserkonzept müssten vorläufig unterbleiben, entschieden die Richter. Dieser Beschluss sei unanfechtbar. Der BUND hatte dem Eisenbahn-Bundesamt vorgeworfen, bei einer Änderung des Grundwasserkonzepts der Baustelle gegen den Artenschutz verstoßen zu haben.
Gefahren für Juchtenkäfer, Vögel und Fledermäuse
Eine mögliche Gefahr für den Juchtenkäfer und für Vögel- und Fledermausarten sei nicht ausreichend geprüft worden; zudem hätte der BUND an dem Verfahren beteiligt werden müssen, hatte der Verband argumentiert. In der Verhandlung vor dem VGH am Donnerstag hatte die Bahn die Vorwürfe zurückgewiesen.
Das Grundwassermanagement ist unverzichtbar für Stuttgart 21. Es soll den Bau des Tiefbahnhofs in einer weitgehend wasserfreien Grube garantieren. Ursprünglich plante die Bahn, drei Millionen Kubikmeter Wasser zu entnehmen und wieder in den Boden einzuleiten. Sie hat nach Bohrungen aber festgestellt, dass sie in der siebenjährigen Bauzeit 6,8 Millionen Kubikmeter abpumpen muss.
Leser*innenkommentare
Peter S.
Gast
In Brandenburg wehren sich Bürger gegen westdeutsche Konzerne, die ganze Wälder für nutzlose Windmühlen mit Vogelschredderfunktion abholzen lassen wollen. Darüber sollte mal die taz schreiben. Aber als Zentralorgan der "Grünen" werden diese Tatsachen nicht erwähnt. Viel Spaß beim zensieren.
Hari Seldon
Gast
@torsten s.
Eine passende Meinung zum Juchtkäfer (früher Mistkäfer) aus BaWü:
"Wie mir erst jetzt, nach erheblichen Forschungsanstrengungen aufging, heißt der Juchtenkäfer mit wissentschaftlichem Namen auch Mistkäfer. Nachfolgend habe ich ein paar Lösungsvorschläge wie man dem Problem nachhaltig Herr werden könnte. Also wie der wissentschaftliche Name des Tieres schon sagt, ist der Käfer hauptsächlich auf Misthaufen angewiesen, und ich kann diese Tatsache aus eigener Anschauung bezeugen, denn in meiner Kindheit waren diese Tiere in unserer näheren Umgebung allenthalben anzutreffen. Selbst ich habe mich mit meinen Spielgefahrten, mangels anderer Kurzweil, des öfteren mit diesen Käfern wissentschftlich beschäftigt, indem wir die Tiere, durch den Aufbau von Barrieren, zur Durchführung der verschiedensten Kunststücke anspornten. Getan haben wir ihnen nie was – glaub ich, und wenn, dann tat es uns auch immer gleich wieder leid, weil der Großvatter schimpfte.Aber das nur nebenbei!######### Mein eigentliches Anliegen ist, den Tieren ihren ursprünglichen Lebensraum zurückzugeben, indem die Gemeinschaft an den verschiedensten markanten Stellen in Stuttgart und auf dem Lande wieder Misthaufen errichtet. Ich denke da a priori vor Regierungssitzen, Ministerien, Rathäuser ect.. Für die Pflege und Unterhaltung sollen Umweltschtzorganisationen und Parteien verantwortlich sein, die den Umweltgedanken sozusagen im Erbgut mit sich tragen. Diese vorgenannten sollen auch als Beispiel und Anregung vor ihren Verwaltungspalästen immer die schönsten und größten Misthaufen pflegen. In früheren Jahrhunderten sollen solche Misthaufen sogar auf den Hausdächern von besonders verdienten Perönlichkeiten errichtet worden sein, aber das finde ich ist übertrieben. Ich hoffe, dass meinem Vorschlag mindestens die gleiche Aufmeksamkeit zukommt, wie dem "Kombibahnhof"!"
vic
Gast
Dann zieh dich mal warm an, MattF.
vic
Gast
Ich überlege, welche Tierart ich jetzt aussetze...
Torsten S.
Gast
@Hari Seldon: Ja ja, sehr schön. Ich möchte Sie aber darauf hinweisen, dass der Juchtenkäfer kein Parasit ist. "Befallene" Bäumer stehen nicht "vor dem Ende".
Was Sie da behaupten ist leider vollkommen falsch, Käfer ist nicht gleich Parasit. Eine einfache Wikipedia Recherche hätte geholfen.
Zum Urteil selber, bleibt nur zu sagen, dass hier ein rechtlicher Mißstand behoben wurde. Beim Durchdrücken der Bauarbeiten hat man es sich leider etwas zu bequem gemacht, insofern ist die Entscheidung des Gerichts nur konsequent. Hätte man von vornherein den GESETZLICH VORGESCHRIEBENEN Artenschutz berücksichtigt, wäre die Klage wohl nicht erforderlich gewesen. Und das ist rein formal nun mal vollkommen unabhängig ob man für oder gegen den Bau ist. Schließlich pochen doch gerade die Befürworter auf geltende Beschlüsse und Gesetz, dann sollte man sich wohl auch daran halten?
otto
Gast
@ von MattF
wenn die Sache so einfach wäre .......
Unbequemer
Gast
Ausufernde Ökoidiotie
hier hat die gallopierende Umweltidiotie wohl Platz genommen. Normal kann man sowas nicht mehr diskutieren.
Das gleiche Ärgernis, wenn man bei uns ein Haus baut. dann darf man sich erst einmal über 3000 Euro für Umweltschutzmaßnahmen abgreifen lassen. Und was wird gemacht? Die Stadt, oder das Land sackt es ein und verpraßt es an anderer Stelle. Was für ein Umweldaktionismus, mit dem sich Grüne und SPD hier wichtig machen.
Das mit der Umweltschutzabgabe bei dem hausbau haben wir dem Umweltirrsinnspopulisten Gabriel zu verdanken. Die Umwelt ist garantiert ohne diese Abgabe genauso gesund oder ungesund. Reines widerwärtiges Abzocken im Namen der Umwelt.
Hans
Gast
Ich finds gut.
Und klar machen wir uns lächerlich damit, aber die ganze Planung des Projekts ist lächerlich und diletantisch.
All Hail the Juchtenkäfer!!1!
sigibold
Gast
Vielleicht einfach mal aus Versehen ein Fässchen Insektenpulver verschütten.....
sigibold
von Alex K. aus RT
Gast
Selbst als eingefleischter Stuttgart 21 Gegner bin ich mittlerweile auf dem Standpunkt - Ed bruddla - buddle.
Am besten den rechten Teil der schwäbischen Alb abtragen und Stuttgart zuschütten. Hätte auch den Vorteil, dass ohne viel Tunnelgraben der gesamte Stuttgarter Bahnhof unter die Erde kommt.
Didelda
Gast
Was vor allem oft nicht richtig kommuniziert wird: alle Einwände bezüglich geschützter Arten wie dem berühmten Juchtenkäfer zielen darauf ab, die Arbeiten unter Beachtung des Artenschutzes durchzuführen. NICHT sie zu verhindern.
Erstaunlich, dass der Artenschutz permanent verletzt wird. Man kann S21 problemlos unter Berücksichtigung geltender Gesetze bauen.
MattF
Gast
@ Otto.
Genau, man sollte Stuttgart einfach mal militärisch einkesseln und denen ganz genau erklären wie sich ein prosperierendes kapitalistisches Staatsgebilde zu verhalten hat. China macht uns das vor. Vom Osten lernen heißt siegen lernen:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,803831,00.html
Dieser ganze Mitbestimmungsquatsch und dieser Rechtsstaat hält uns nur auf!
otto
Gast
Wir machen uns vor der Welt lächerlich!
Al Muller
Gast
Wen interessiert schon, was BW-Bevölkerung mehrheitlich will. Ein Käfer hat mehr Gewicht. Die S21-Verlierer können einfach nicht aufhören. Armes Deutschland. Traurig um unser Demokratieverständnis.
andreas
Gast
Der BUND ist für die Grünen das was für die FDP der Apothekerverband ist. Nützliche Lobbyisten halt.
Marcus
Gast
Abgesehen von allen anderen Aspeckten des Streits, kann mir jemand erklären warum der BUND ein mitsprache Recht haben sollte.
Warumm er Klagen darf ist klar, da jaede (juristische)Person gegen einen verstoß gegen den Artenschutz klagen darf. Aber warum er beteiligt werden soll/ muss ist mir Rätselhaft. Die Entscheidung über Bauvorhaben und durchsetzung des Artenschutzes sind doch hoheitliche Pflichten und der BUND ist doch keine Behörde? Im endefeckt ist der BUND doch nur ein zusammenschlus von interessierten Bürgern.
Grüße Marcus.
grefel
Gast
@Hari Seldon, 3. Echt? Wirklich? Es geht nicht wirklich um den Juchtenkäfer? Wahnsinn, da trete ich doch direkt aus dem BUND aus. Aber wirklich jetzt.
Hari Seldon
Gast
Der TAZ-Artikel scheint viel ausgewogener und objektiver zu sein, als Artikel bei anderen deutschen Medien. Trotzdem einige Bemerkungen:
1. Es wurde ein Teilbaustopp für S21 verhängt. Genauer: für ein GWM (Grundwassermanagement) mit einer zentralen Sammelstelle anstatt der schon genehmigten vier. Erstmal alle(s) lesen: "Die vom Eisenbahn-Bundesamt zugelassene 5. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 betreffend die Umplanung des Grundwassermanagements für den Bau des neuen Tiefbahnhofs in Stuttgart ist rechtswidrig und nicht vollziehbar ..." Das ist alles! "Interessant", dass nahezu sämtliche Medien (ausser TAZ!!!!) den zweiten Teil des Urteils unterschlagen - die deutliche Niederlage des BUND in der Einschätzung der Rechtsfolge: Ein "weitergehender Antrag [des BUND], den Bescheid zur 5. Planänderung vom 30.04.2010 zur Gänze aufzuheben, ist hingegen ohne Erfolg geblieben, weil das Eisenbahn-Bundesamt die Möglichkeit hat, den festgestellten Mangel unter Beteiligung des BUND in einem ergänzenden Verfahren zu beheben." Ein allenfalls teurer Pyrrhus-Sieg. "Mit dem Bescheid zur 5. Planänderung ließ das Eisenbahn-Bundesamt die „Zentralisierung“ dieser Anlagen an einem Standort zu." Ist es überhaupt klar was jetzt passiert? Mitnichten! Bravo BUND, mehr Bäume abholzen und mehr Flächenverbrauch Euretwegen. Macht das mal Euren jubelnden Hardcore-Unterstützern klar.
2. BUND hat erst neulich den Anspruch für Einbindung in den Verfahren erhalten (eine EU-Entschedung, ca. 1 Jahr alt). Nun, die EBA-Entscheidung ist aus 2005, so die ganze Vorgehensweise riecht nach der Anwendung einer Rechtsvorscrift RÜCKWIRKEND. Dazu werden schon im 1 Semester bei Jura-StudentInnen einiges beigebracht...
3. Juchtenkäfer: Falls ein Baum schon mit Juchtenkäfer befallen ist, steht der Baum schon vor dem Ende. Aus diesem Grund werden sogar die Bäume gegen Juchtenkäfer und ähnlichen Schädlingen geschützt... Hoffentlich werden die Grippeviren nicht unter Artenschutz gestellt, und Grippenschutzimpfungen verboten, usw. Das Theater rund um S21 ist lächerlich, und viele BUND-Mitglieder in BaWü haben in der Zwischenzeit BUND verlassen, weil diese Menschen erkannt haben, dass BUND eigentlich eine Tochtergesellschaft der Grünen ist, und bei den politischen Spielereien nicht mitmachen wollen.
Jojan
Gast
Schön, dass das Gericht KLARTEXT geredet hat.