WAZ-Verkauf wird besiegelt: Keinen Bock auf Zeitung

Die Verlegerfamilie Grotkamp übernimmt die Mehrheit im Essener WAZ-Konzern. Damit geht die traditionelle Parität der beiden Gründerfamilien zu Ende.

Der WAZ-Konzern geht mehrheitlich in den Besitz der Gründerfamilie Grotkamp über. Bild: dapd

Beim Essener WAZ-Konzern will sich die Familie Grotkamp noch schnell ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk machen: Nach monatelangem internen Tauziehen soll am 16. Dezember eine Sondersitzung der Gesellschafter den Weg zur Übernahme des zweitgrößten deutschen Regionalzeitungskonzerns ebnen.

Laut Manager Magazin wollen die Grotkamps, denen heute schon knapp 17 Anteilsprozente an dem Laden gehören, nun 470 Millionen Euro für weitere 50 WAZ-Prozente zahlen. Bislang gehört der Laden den Erben der WAZ-Gründer Erich Brost und Jakob Funke jeweils schön zur Hälfte. Renate Grotkamp (67) ist eine Funke-Tochter, ihr Gatte Günther (84) war jahrelang einer der WAZ-Geschäftsführer und gilt auch nach seinem offiziellen Ausscheiden 2000 als Strippenzieher hinter den Kulissen.

Die Brost-Erben wollen nun verkaufen. Peter Heinemann, der Nachlassverwalter der im Herbst 2010 gestorbenen Verlegerwitwe Anneliese Brost, habe grünes Licht für den Grotkamp-Deal gegeben, so das Manager Magazin. Damit ist auch das Stör-Angebot der Axel Springer AG, die unverlangt mal eben 1,4 Milliarden Euro für den gesamten WAZ-Konzern geboten, erstmal wieder vom Tisch.

Zur WAZ gehören mehr als 40 Tageszeitungen in Deutschland, Österreich und Südosteuropa – mit Schwerpunkten im Ruhrgebiet (WAZ, WR, NRZ, WP) und Thüringen (TA, TLZ, OTZ). Dazu kommen mehr als Zeitschriften und Magazine der eher seichteren Art wie das TV-Programmheft Gong oder Frauentitel wie das Goldene Blatt oder Die Aktuelle.

Längst nicht mehr so üppig

Über den Konzerngewinn wird fein geschwiegen, der Umsatz liegt trotz abnehmender Auflagen und Anzeigeneinnahmen noch bei 1,2 Milliarde Euro pro Jahr. Während früher die WAZ-Gruppe de fakto eine Lizenz zum Gelddrucken war, sind es heute längst nicht mehr so üppig aus. Senior Grotkamp stimmt die Rendite schon lange nicht mehr, er sieht seit Lebenswerk zerbröseln – und will es jetzt nochmal allen zeigen.

Mit der Mehrheitsübernahme durch die Grotkamps geht eine 60-jährige Tradition der Parität zwischen den beiden Gründerstämmen zu Ende, die auch politisch immer hübsch austariert war: Brost war SPD, Funke CDU – eine Konstellation, die sich bis heute in der Geschäftsführung des Konzerns wiederfindet, in dem immer nur einstimmig entschieden werden darf: Der Brost-Clan besetzte 2002 seinen Geschäftsführerposten mit dem ehemaligen SPD-Kanzleramtsminister Bodo Hombach, für die Funke-Seite regiert das CDU-Mitglied Christian Nienhaus, der 2008 von Springer zur WAZ wechselte.

Seit dem Tod der Verlegerwitwe Anneliese Brost im Herbst 2010 gehören ihre Anteile nun den Enkeln – Brost-Sohn Martin wurde schon zu Lebzeiten aus der Erbfolge geschmissen und ausbezahlt. Die Enkel haben vielleicht auch deshalb keinen Bock auf Zeitung und wollen Geld sehen. Und Bodo Hombach hat schon einen neuen Job: Er wird Präsident der neuen Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik an der Universität Bonn.

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