Rot-schwarze Koalition: Heftige Kritik an S-Bahn-Ausschreibung

SPD und CDU wollen Betrieb von einem Viertel der S-Bahn-Strecken ausschreiben. Gewerkschaft und Initiative S-Bahn-Tisch schimpfen. Neuer Schwung für Anti-Privatisierungs-Volksbegehren.

Da kommt ja ein Zug Bild: dpa

Die Verkehrspolitik der künftigen rot-schwarzen Koalition ist auf heftige Kritik bei Gewerkschaftern und der Initiative S-Bahn-Tisch gestoßen. Künftig würden für die S-Bahn offenbar nur noch zwei Prinzipien gelten, "billig, billig und aussaugen, was das Zeug hält", sagte Jörg Kronberg, Sekretär der Eisenbahnergewerkschaft EVG. SPD und CDU hätten sich auf "die Zerschlagung einer gewachsenen Struktur geeinigt, die die Ursachen des S-Bahn-Chaos nicht lösen", ergänzte Rouzbeh Taheri, Sprecher der Initiative S-Bahn-Tisch, die per Volksbegehren den Verkauf der S-Bahn aufhalten will. Allein am Samstag hätten binnen wenigen Stunden mehr als 1.200 Berliner für das Volksbegehren unterschrieben, sagte Taheri am Sonntag. "Nach Bekanntwerden der Koalitionsvereinbarung hatten wir Schlangen an unseren Sammeltischen."

Beim Punkt S-Bahn hatte sich am Freitag in den laufenden Koalitionsverhandlungen weitgehend die CDU durchgesetzt. Sie hatte stets für eine Privatisierung der S-Bahn votiert, die SPD hatte diese im Wahlkampf vehement abgelehnt.

Dreistufiges Verfahren

Beim Thema Wohnungsbau hat die CDU ihren Wunsch durchgesetzt, vermehrt private Investoren zu beteiligen. Dafür schloss sich die CDU Bundesratsinitiativen der SPD an, die den Mietenanstieg begrenzen sollen. Die gelten aber als aussichtslos.

In fünf Jahren sollen 30.000 Wohnungen gebaut oder in den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zugekauft werden. Um Mieten günstig zu halten, soll das Land Grundstücke günstig bis kostenlos abgeben. (taz, dpa)

Nun haben sich beide auf ein dreistufiges Verfahren geeinigt, mit dem die seit Jahren rumpelnde S-Bahn wieder fit gemacht werden soll. Noch in diesem Jahr soll die Deutsche Bahn AG gefragt werden, ob die ihre S-Bahn-Tochter komplett an das Land Berlin verkauft. Parallel soll geprüft werden, ob die Vergabe des S-Bahn-Betriebs trotz gegenteiliger Rechtsprechung an nur einen Anbieter, etwa die BVG, möglich ist. Das favorisiert die SPD. Im wahrscheinlichen Fall, dass beide Optionen nicht zum Erfolg führen, soll im Jahr 2012 ein Viertel des Streckennetzes innerhalb des S-Bahn-Rings ausgeschrieben werden. Bewerben könnten sich auch Bahn und BVG.

Der S-Bahn-Betrieb könne langfristig nur durch den Kauf neuer Züge bewerkstelligt werden, sagte Christian Gaebler (SPD) am Freitag. Diese Fahrzeuge soll der künftige Betreiber kaufen. Nach Ablauf des mindestens 10 Jahre dauernden Vertrages soll das Land eine Kaufoption für den Fuhrpark erhalten. Das könnte am Ende dazu führen, dass doch ein kommunaler Betreiber die S-Bahn übernimmt.

"Die Verhandlungen mit der Bahn sind nur Show für den Koalitionsfrieden", meinte Rouzbeh Taheri vom S-Bahn-Tisch. Schließlich habe die Bahn einen Verkauf bereits mehrfach ausgeschlossen. Deshalb laufe nun alles auf eine Teilprivatisierung hinaus. Die werde die Probleme jedoch nur verschärfen. Ursache für das Bahnchaos der letzten Jahre sei nicht die Unfähigkeit der Mitarbeiter, sondern die Strategie der Bahn AG. Die habe die S-Bahn kaputtgespart, um Gewinne zu machen. Jeder andere private Betreiber aber wolle ebenfalls Gewinne machen.

Der S-Bahn-Tisch will die Privatisierung der S-Bahn daher durch ein Volksbegehren stoppen. In der ersten Stufe müssen bis Weihnachten 20.000 Unterschriften gesammelt werden. Bisher liegen laut Taheri 15.000 vor. "Ich mache mir keine Sorgen, dass wir die notwendige Zahl zusammenbekommen."

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