Palästina vor den Vereinten Nationen: Rauchbomben und Stinkwasser

Beide Seiten wappnen sich für die Stunde X, wenn Abbas und Netanjahu vor der Uno sprechen. Erste Demonstrationen im Westjordanland bleiben ruhig.

Palästinensische Schülerinnen demonstrieren in Ramallah gegen den Auftritt von US-Präsident Barack Obama vor der UN-Generalversammlung. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Wenn die bisherigen Demonstrationen Rückschlüsse auf Volkes Stimmung zulassen, werden die israelischen und palästinensischen Sicherheitsdienste in den kommenden Tagen nicht viel zu tun bekommen.

Die ersten Kundgebungen im Westjordanland anlässlich des PLO-Antrags vor den Vereinten Nationen um Anerkennung des Staates Palästina als Vollmitglied gingen am Mittwoch und Donnerstag friedlich über die Bühne. Nur am Grenzkontrollpunkt Kalandia zwischen Ramallah und Jerusalem kam es am Mittwoch zu Steinwürfen einiger Jugendlicher, die die israelischen Soldaten mit Tränengas und schrillen Sirenen auseinandertrieben.

Ein "nicht da gewesenes Blutbad" prognostiziert Israels Außenminister Avigdor Lieberman, auch innerhalb der Armee macht sich allgemeines Unwohlsein breit. Dabei üben die israelischen Sicherheitstruppen seit gut einem Jahr für den Ernstfall. Umgerechnet rund 25 Millionen Euro, so berichtet Amos Harel, Militärreporter von Haaretz, steckte das Verteidigungsministerium bisher in die Operation "Sraey Kaitz" (Samen des Sommers).

Die Vorratskammern der Armee sind mit Tränengas, Stinkwasser, Knall- und Rauchbomben gefüllt. Zentrales Ziel der Operation ist, die angekündigten Märsche der Massen an den Grenzkontrollpunkten und Siedlungen aufzuhalten, ohne dass Menschen getötet werden.

Erst nach Absprache mit der höchsten Kommandoebene darf geschossen werden, und auch das zunächst nur mit gummiumhüllten Kugeln. Laut Agenturberichten sollen Scharfschützen mit einem speziellen Zielfernrohr ausgerüstet werden, um auch auf größere Distanz sicher die Beine zu treffen. Am Wochenende mobilisierte die Armee die ersten Truppen. Mit dem "Befehl 8" werden zunächst die Reservisten eingezogen, die unweit ihres Einsatzortes leben. In diesem Fall sind es israelische Siedler, die sich ab sofort bereithalten müssen.

Sorge vor gewaltsamen Provokationen

Auch die palästinensische Polizei hat sich für mögliche Massenproteste gerüstet. Nur zu gern kam Israel dem Wunsch nach, den Palästinensern nichttödliche Mittel zur Auflösung von Demonstrationen zu verkaufen. Die Rede von Abbas am Freitagabend dürfte einen ersten Höhepunkt bilden. Überall in den palästinensischen Städten sollen Leinwände für die Direktübertragung aufgestellt werden. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu ist noch am selben Tag an der Reihe, vor der UN-Generalversammlung zu reden.

Auf beiden Seiten gilt die Sorge gewaltsamen Provokationen, sei es durch die Hand von Demonstranten, auf die die Soldaten zu nervös reagieren könnten, oder auch auf Seiten der israelischen Siedler. Die Armee verteilte in den Siedlungen Informationsbroschüren über mögliche Gefahren. Wie Haaretz berichtete, soll die Armee zudem Lärmbomben und Tränengas zur Selbstverteidigung an das Wachpersonal in den Siedlungen ausgegeben haben.

Um Blutvergießen zu vermeiden, werden die von der PLO und der Fatah organisierten Proteste in den A-Zonen stattfinden, wo die palästinensischen Sicherheitsdienste volle Souveränität innehaben. In Ramallah sind Kundgebungen im Bereich des Präsidentensitzes geplant. Selbst wenn es dort zu gewalttägigen Auseinandersetzungen kommen sollte, ist das Potenzial einer Eskalation ungleich geringer, als wenn sich Palästinenser und Siedler oder Soldaten gegenüberstehen.

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