Vor den Wahlen im Kongo: Manipulation und Machtkämpfe

Ein gewaltsamer Wahlkampf droht. Der Konflikt zwischen Präsident Kabila und Oppositionschef Tshisekedi gefährdet die geplanten Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo.

Beste Laune trotz bevorstehender Wahlschlappe: Kongos Präsident Kabila. Bild: ap

BRÜSSEL taz | Die Sorge vor einem gewaltsamen Wahlkampf in der Demokratischen Republik Kongo geht um. Über 1.000 Menschen begleiteten den aussichtsreichsten Gegenspieler von Amtsinhaber Joseph Kabila, Oppositionsveteran Etienne Tshisekedi, als er am 5. September förmlich seine Kandidatur in Kinshasa für die am 28. November geplanten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen anmeldete.

Als sich die Gruppe in Richtung Limete bewegte, wo der 79-jährige Führer der UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) wohnt, kam es vor dem nahen Hauptsitz der Kabila-Partei PPRD (Volkspartei für Wiederaufbau und Entwicklung) zu Zusammenstößen. Nach UDPS-Darstellung warfen PPRD-Aktivisten Steine; die UDPS-"Kämpfer" - so nennen sie sich selbst - versuchten im Gegenzug, das PPRD-Gebäude anzuzünden, und setzten sieben Fahrzeuge der PPRD in Brand.

Nachts attackierten vermummte Personen das UDPS-Gebäude mit Steinen und Molotowcocktails. Der Sitz des Radio-TV-Senders Lisanga gegenüber wurde in Brand gesetzt. Tags darauf erschoss ein Mann einen UDPS-Kämpfer und verletzte zwei seiner Kameraden schwer. UDPS-Jugendsprecher Carbone Benibeya sagte, der Schütze sei ein "pomba", ein von der PPRD rekrutierter Krimineller. Daraufhin verbot Kinshasas Gouverneur André Kimbuta alle Demonstrationen bis zum Abschluss der Registrierung.

Seitdem herrscht gespannte Ruhe, aber man befürchtet neue Gewalt, falls das Wahldatum verschoben wird, auf Januar 2012. Europäische Diplomaten bestätigen gegenüber der taz entsprechende Andeutungen der Wahlkommission. Die warnte vor einiger Zeit, dass eine Verzögerung der Wahlen nicht verhindert werden könne, weil Wahlmaterialien wie Drucker, Wahlurnen und Wahlkabinen erst noch aus Ländern wie Deutschland, Libanon, Südafrika und China importiert und im Kongo verteilt werden müssen.

Windige Wahlkommission

Die Opposition um Tshisekedi würde solche Verzögerungen vermutlich als Versuch von Kabila auslegen, länger an der Macht zu bleiben als seine reguläre Amtszeit. Sie traut auch der Wahlkommission nicht, die von Pastor Daniel Ngoy geführt wird, und meint, die Kommission wolle die Parlamentswahlen manipulieren. So hat Kinshasa, das 2006 gegen Kabila gestimmt hatte, diesmal sieben Parlamentssitze weniger als vor fünf Jahren, die Kabila-treue Provinz Katanga hingegen drei mehr.

Für dieses Vorgehen gibt es Gründe. Kabila hat es nicht geschafft, die Infrastruktur des Landes wiederaufzubauen, speziell Schulen und das Gesundheitswesen. Im westlichen Teil des Landes sieht man Kabila als einen früheren Guerillamann des Ostens, der mit Repression auf Revolten antwortet. Im Osten des Landes, der 2006 massiv für ihn stimmte, ist Kabilas Popularität geschrumpft, weil es weder der Armee noch der UNO gelungen ist, Sicherheit herzustellen.

Nichtsdestotrotz hat Kabila noch einen Trumpf: die Spaltung der Opposition. Tshisekedi sieht sich als einziger ernstzunehmender Gegenkandidat Kabilas und hat daher Aufrufe ignoriert, einen gemeinsamen Oppositionskandidaten aufzustellen. Andere Parteien, inklusive der 2006 starken MLC (Kongolesische Befreiungsbewegung) des mittlerweile in Den Haag inhaftierten Jean-Pierre Bemba, hatten sogar ein gemeinsames Regierungsprogramm zusammengestellt, dass zu guter Regierungsführung, sozialer Gerechtigkeit und Toleranz aufrief. Aber Tshisekedi hat diese Einheit gebrochen. Der frühere Parlamentspräsident Vital Kamerhe und Senatssprecher Léon Kengo wa Dondo, die sich zunächst für eine gemeinsame Opposition ausgesprochen hatten, haben sich nun beide selbst als Präsidentschaftskandidaten registriert. Insgesamt treten zehn Kandidaten gegen Kabila an.

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