Ein neuer Mitarbeiter bei Ergo: Der Anwalt, der kein Rechtsanwalt ist

Die Ergo-Versicherungsgruppe hat seit August einen Kundenanwalt. Das klingt gut. Aber sollte man sich wirklich an ihn wenden, wenn man ein Problem hat?

Arbeitet für Ergo und irgendwie auch für den Kunden: Ralf Königs. Bild: Screenshot: Youtube

BERLIN taz | Ralf Königs soll helfen, wenn es ein Problem mit der Versicherung gibt. "Ich bin der neue Kundenanwalt der Ergo und werde für die Kundeninteressen in der Ergo einstehen", stellt sich der freundliche Herr mit hoher Stirn und rheinischem Dialekt in dem Werbespot der Versicherung vor.

Wer sich das Video ansieht, der könnte den Eindruck bekommen, Königs sei Rechtsanwalt - auch wenn er das nicht explizit sagt. Tatsächlich ist er aber kein Rechtsanwalt. Allerdings ist es nicht ausdrücklich verboten, sich "Kundenanwalt" zu nennen - das darf jeder, ohne irgendwelche juristischen Kenntnisse zu haben.

Königs und seine Hand voll Mitarbeiter sollen helfen, wenn die Kunden mit den Sachbearbeitern der Versicherung unzufrieden sind. Zum Beispiel, wenn das Eigenheim abgebrannt ist und die Versicherung nichts zahlen will, weil angeblich nicht alle Formalia eingehalten sind.

Oder wenn ein Versicherter nach einem Unfall schwerbehindert ist und die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht zahlen will, weil angeblich nicht alle relevanten Vorerkrankungen gemeldet wurden. Besonders viel Geld spart die Versicherung, wenn sie sich außergerichtlich mit ihren Kunden auf einen Vergleich einigt. Dann bekommen die Kunden nur einen Teil des Geldes, das ihnen eigentlich zusteht.

Königs sagt in dem Video, der Kundenanwalt sei "eine tolle zusätzliche Alternative zu einem externen, teuren Anwalt". Teuer ist ein externer Anwalt jedoch vor allem für Ergo. Denn wenn ein Kunde mit Hilfe eines Rechtsanwalts seine Ansprüche einklagt, muss die Versicherung auch die Kosten für den Anwalt übernehmen.

Anwalt mit Interessenkonflikt

Ergo schließt auch Verträge mit externen Anwälten, damit diese ihre Rechtsschutzversicherten vertreten. Die bayrische CSU-Verbraucherschutzministerin Beate Merk mahnt die Versicherten zur Vorsicht: "Sobald zwischen dem Rechtsanwalt und der Rechtsschutzversicherung eine Geschäftsbeziehung besteht, wächst die Gefahr einer Interessenskollision zu Lasten des Versicherten. Denn die Versicherung mindert ihr Kostenrisiko, wenn der Rechtsanwalt dem Versicherten vom Rechtsstreit abrät und es nicht zum Prozess kommt."

Für die Versicherung lohnt sich die Strategie. 2009 sagte der Vorstandssprecher der Ergo-Rechtsschutzversicherungstochter D.A.S., Rainer Tögel, in einem Interview mit dem Handelsblatt: "Indem wir Prozesse vermeiden, sparen wir Geld. Außerdem geht die Zahl der klassischen schriftlichen Streitfälle langsam zurück. So konnten wir die Ausgaben in den letzten Jahren deutlich reduzieren."

Verbraucherschutzministerin Merk weist darauf hin, dass manche Versicherungen auch mit unlauteren Methoden Druck ausüben. Für unzulässig hält sie es, wenn dem Versicherten, der lieber den Anwalt seines Vertrauens beauftragt, mit der Erhöhung der Versicherungsprämie gedroht wird. Oder wenn umgekehrt finanzielle Vorteile winken, falls man sich für den von der Versicherung empfohlenen Vertragsanwalt entscheidet.

Merk erinnert die Versicherten jedenfalls daran, wie wichtig die eigene Wahl eines Anwalts ist: "Nur wer seinen Rechtsbeistand frei wählen kann, kann seine Rechte eigenverantwortlich und bestmöglich wahrnehmen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.