Am Wahlkampfstand (3): Die Grünen: Kleine Themen sind groß in Tegel

Auf Landesebene vor der Regierungsverantwortung, müssen die Grünen im Bezirk auf konkrete Belange vor der Haustür eingehen.

Wahlwerbung mit einem Wort Bild: dapd

Am Wahlstand der Grünen in der Fußgängerzone wird nur selten nach dem Wahlprogramm des Landesverbands gefragt. Häufiger wird, wenn überhaupt, der Flyer mit der Zusammenfassung mitgenommen. Besonders begehrt aber ist in der Tegeler Gorkistraße das Wahlprogramm für den Bezirk Reinickendorf: Nachschub steht kistenweise auf dem Boden. Es ist Wochenende, das Wetter gut, und viele Eltern sind mit ihren Kindern unterwegs.

Heiner von Marschall verteilt mit grünem Button am Hemd Wahlzeitungen, das Bezirksprogramm und spricht mit Leuten. Der Grüne will als Direktkandidat für Tegel, Heiligensee und Konradshöhe ins Abgeordnetenhaus. "Und, haben Sie die Piraten unterschätzt", fragt ihn ein Mann, "die fischen doch in ihren Gewässern?" Der Politiker lässt sich kurz Zeit für seine Antwort: "Ja, das schmerzt. Das sind womöglich die 6 Prozent, die uns fehlen." Nach seinem Gefühl wüssten viele Piraten aber nicht genau, wovon sie reden.

Im Hintergrund füllen Nicole Holtz, Kreisvorsitzende in Reinickendorf, und Tobias Endrikat von der Parteijugend abwechselnd grüne Luftballons mit der Aufschrift "Kein Platz für Nazis". Ein paar Jugendliche holen sich die Ballons, atmen das Helium ein und sprechen lachend mit quietschender Stimme.

Am Stand unter dem Schirm guckt sich eine Frau zögerlich den Flyer "Mehr TRAM-Wagen" an. Sie komme aus Reinickendorf und würde gerne wissen, was die Grünen dort ändern wollen. Holtz zeigt auf den Flyer und erklärt ihr, dass die Grünen vorhätten, die Tramlinie M1 ins Märkische Viertel zu verlängern, um das auch von Osten her besser anzubinden. "Das wäre ja klasse", freut sich die Frau, nimmt ein Wahlprogramm des Bezirksverbands und geht weiter. "Viele Leute fragen nach unseren lokalen Themen und was wir konkret in Reinickendorf ändern wollen", sagt Holtz. Fragen zu großen Themen wie etwa die Verlängerung der A 100 oder Mietenpolitik kämen dagegen eher selten.

Oliver Klare, der mit seiner Frau und den beiden Kindern am Stand der Grünen vorbeigekommen ist, bestätigt diesen Eindruck: "Die großen Wahlkampfthemen sind für mich nicht so relevant." Beruflich interessiere sich der Architekt aus Reinickendorf zwar für den Mietenmarkt sowie die Stadt- und Kiezentwicklung. Privat sei ihm aber wichtiger, was sich direkt vor der Haustür ändere.

Direkt am Stand stellt Evelyn Rörig ihr Fahrrad ab. Gezielt geht sie auf den Direktkandidaten zu und fragt ihn: "Wie stehen Sie zu unserem Wasser-Volksentscheid?" Eine längere Diskussion über die Vor- und Nachteile von Privatisierungen nimmt ihren Lauf. Danach sagt Rörig, dass sie nicht wisse, wen sie wählen soll. Sie sei gegen Privatisierungen und enttäuscht, dass sich die Parteien nicht klar zum Volksentscheid und der Offenlegung der Wasserverträge positionieren würden.

Direktkandidat von Marschall gönnt sich eine kurze Pause, raucht eine Zigarette und faltet Wahlzeitungen. "Versucht wenigstens zweitstärkste Kraft zu werden!", ruft ein älterer Mann im Vorbeigehen. "Wir geben uns Mühe", ruft von Marschall zurück, nimmt sich einen Stapel Wahlprogramme und drückt sie den Passanten in die Hände.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.