Kommentar Frauenfußball: Frauenfußball? Routine!

Die WM hat es bewiesen: Der Kick von Frauen interessiert. Und zwar nicht, weil es Frauen sind, sondern weil er spannend war. Jetzt müssen die Sportschauen nachziehen.

Ach wär es doch bloß Routine: Dass die Sportschauen der öffentlich-rechtlichen Medien dem Frauenfußball einen Rang gäben, der dem offenkundigen Interesse an diesem Sport entspricht.

Die WM hat es doch bewiesen: Der Kick von Frauen interessiert. Und zwar nicht, weil es Frauen sind. Weil sie weniger aggressiv als Männer agieren. Nein, das hat die Weltmeisterschaft der Frauen nicht belegt.

Im Gegenteil: Japans Azusa Iwashimizu beispielsweise. Vereitelte Sekunden vor dem Schlusspfiff durch ein kluges, astreines und grobes Foul an einer amerikanischen Stürmerin deren perfekte Torchance. Von wegen Frauen können nicht holzen!

Das TV-Publikum hat insofern den Sport mit seinem Interesse belohnt, nicht das Geschlecht. ARD wie ZDF haben übertragen - und sind nun schwer begeistert von den Einschaltquoten, die sie zu bilanzieren haben. Im Grunde hätte der Enthusiasmus der Zuschauer nicht wundern müssen: Jeder Sport, einerlei ob von Männern oder Frauen dargeboten, ist attraktiv, wenn er Spannung bietet. Schöner wäre es natürlich für die Hiesigen gewesen, hätten die DFB-Frauen mitgemacht - aber auch ohne sie guckten gut 15 Millionen Menschen zu.

Nun müsste es logisch sein, in die Sportschauen auch Frauenfußball zu integrieren, und zwar nicht in volkspädagogischer Absicht, aus Gründen feministisch-politischer Korrektheit, sondern weil es Sport ist. In jeder anderen Disziplin - in der Leichtathletik, beim Skilanglauf oder beim Boxen - hieß es vor der stärkeren Teilhabe von Frauen, diese seien nicht geeignet für Popularität über das Tussi- und Prinzessinnenhafte hinaus.

Alles war Quatsch. Und ist es noch. Frauenfußball ist ebenso öde oder elektrisierend wie Fußball der Männer. Es ist letztlich nur eine Frage der Gewöhnung, der privaten wie der öffentlichen. Dass Frauenfußball es niemals wird schaffen können, stimmt also nicht. Ebenso wenig ist triftig, dass Männerfußball immer eine quasisoldatische Übung in Mannschaftsstärke bleiben wird. Nein, der Kick der Männer wird immer tänzerischer, "weiblicher"; der der Frauen kräftiger, "männlicher". Alle zusammen spielen - nichts als Fußball.

Das wichtigste Signal, das von dieser WM in Millionen Gemüter von Mädchen einträufelte, ist von allerschlichtester Art: Du kannst auch! Du darfst! Du musst nicht, aber Fußball geht auf jeden Fall für dich! Du musst es nur wollen!

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Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Kurator des taz lab und des taz Talk. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders der Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. Er ist auch noch HSV-, inzwischen besonders RB Leipzig-Fan. Und er ist verheiratet seit 2011 mit dem Historiker Rainer Nicolaysen aus Hamburg.

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