Neue Computer-Ausstellung in Kiel: Verkabelte Heimat

In Kiel wurde in einem ehemaligen Luftschutzbunker ein Computermuseum eröffnet. Zu sehen gibt es viel große und kleine Rechner, Metall, Drähte und Mikrochips. Das erinnert an eilige Veränderung.

Das war einmal: der Rechenschieber und seine frühen Nachfolger. Bild: Kristiana Ludwig

KIEL taz | Auf der schwarz spiegelnden Oberfläche eines virtuellen Raums steht Thomas Schröder. Unter seinen Füßen laufen Funken entlang eines blau leuchtenden Gitternetzes Richtung Unendlichkeit. Schröder fischt Maschinen und Computer aus dem Nichts und erklärt Gegenstände, die in seine Hand zoomen.

Ein kleiner, beweglicher Balken hat ihn angekündigt: "Lade Host", stand darunter. Dann erschien Schröder, als schwebender Gastgeber des neu eröffneten Computermuseums in Kiel: ein kräftiger Mann, sein Hemd vor dem Bauch in die Jeans gestopft, an den Seiten gelockert, die Hände gefaltet - dreidimensional. Eigentlich hält Schröder Vorträge über Sternbilder. Doch von nun an wird sein Abbild das 3D-bebrillte Publikum in den ersten Stock schicken. Zu den Rechenschiebern.

Im Luftschutzbunker ist alles frisch gestrichen. Auch der Boden. Vor dem grellgrünen Empfangstresen stehen vornüber gebeugt Männer in Anzügen und ziehen blaue Plastikbeutel über ihre Lederschuhe. Neben ihnen, an der Wand, hängen schon erste Ausstellungsstücke in breiten Holzrahmen - Platten voller Knöpfe und Drähte, spiegelnde Ringe, Metallspulen, Tastaturfragmente.

Ein Stockwerk höher hat sich ein Mann mit schütterem Haar über eine Vitrine gebeugt, die zitternde Hand deutet auf eine Reihe kleiner Brettchen, dicht beschrieben mit Zahlen: "Ah", sagt er: "Die kenn ich." Ein anderer, hager, mit Windjacke und Brille, hat einen der frühsten Großrechner entdeckt.

Die breite Maschine aus grauem Metall überragt ihn, sie ist übersät von Schaltern und Kabeln. Er betrachtet sie durch das kleine Display seiner Digitalkamera und knipst.

Das Museum führt seine Besucher in einem chronologischen Rundgang vom analogen zum digitalen Zeitalter - entlang einer Zeitleiste der jüngsten Geschichte, in die auch für das Ende der Beatles eine Markierung gemalt wurde.

Das Haus ist angebunden an den Campus der Kieler Fachhochschule. "Ähnlich wie ein Heimatmuseum", sagt FH-Präsident Udo Beer, sei die Ausstellung.

Der Leiter des Zentrums für Kultur- und Wissenschaftskommunikation, Eduard Thomas, führt eine Besuchergruppe an. Er ist neben dem Planetarium nun auch für das Museum verantwortlich. Vor einer fußballgroßen Kugel, auf mehreren silbernen Stäben installiert, bleibt er stehen.

Der "Planetariumsprojektor ZKPO" wurde um 1940 gebaut, 31 Objektive sind in die Oberfläche der Kugel eingelassen, eine kleine Kurbel sitzt am Fuß ihrer Halterung. "Von Ingenieurskunst, die auch haptisch schön ist", sagt Thomas und deutet dann auf einen massiven schwarzen Kasten, der das Gerät mit rund zwei Metern Höhe in den Schatten stellt. "Digistar 3" steht in weißer Schrift auf dem Gehäuse: "Bis in den Bereich, in dem unser Leben errechnet wird", sagt Thomas.

Die Computersammlung umfasst rund dreihundert Ausstellungsstücke. Seit den achtziger Jahren trugen Mitglieder eines Kieler Sammlervereins aussortierte Rechner zusammen. Die überdauerten dann Jahre in Lagerhallen. Ein erster Versuch, Landesmittel für ein Museum zu erhalten, scheiterte im Jahr 1991.

Der Umbau des Bunkers und die Einrichtung der Räume hat nun rund drei Millionen Euro gekostet - und allein für den Bau zahlte das Land Schleswig-Holstein rund 1,2 Millionen Euro.

Kurz nach seiner Gründung hatte der Verein seine Alt-Technik schon einmal ausgestellt. Denn er besitzt bis heute frühe Werke vom Schaffer des ersten vollautomatischen und programmierbaren Computers der Welt - von Konrad Zuse.

Bei der Eröffnung 1982 war der Erfinder selbst zu Gast. Im neuen Museum ist ihm ein ganzer Raum gewidmet: Seine Unterschrift ist groß auf eine Wand gedruckt, davor, in Gips, seine Büste.

Das älteste Exponat im Bunker ist Zuses Z11, Baujahr 1958. Bei diesem Stahl-Ungetüm wurden für die Ausstellung Gehäuseteile mit Plexiglas vertauscht. Sichtbar werden orangene Schläuche, die sternförmig von einem staubsaugerartigen Kasten nach oben ragen und endlose Reihen aus steckbaren Rollen.

Mit jedem Stockwerk werden die Geräte ein wenig kleiner. Ein Lochkartenleser aus den achtziger Jahren hat die Größe einer Kommode, er steht auf Rollen und hat bunte, eckige Tasten mit Aufschriften wie "Achtung" oder "Transport". Tonbandgeräte sind mannshoch, darin breite, graue Spulen.

Glaskästen voller Kabel, schließlich kleinere Geräte mit Bildschirmen und Tasten. "Wir sehen hier eigentlich nur Kisten", sagt Leiter Eduard Thomas. Deren Bedeutung zu erklären, werde noch Jahre dauern.

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