Libanon hat neue Regierung: Das Machtvakuum hat ein Ende

Die Regierung in Beirut wird erstmals von der schiitischen Hisbollah dominiert. In der Bevölkerung herrscht Erleichterung über das Ende des Machtvakuums.

Anhänger des Drusenführers Talal Arslan blockieren mit einer brennenden Barrikade die Autobahn. Bild: dpa

BEIRUT taz | Der Libanon hat nach fünfmonatigem Machtvakuum eine neue Regierung. Spontane Feuerwerke erhellten den nächtlichen Himmel über Beirut nach Bekanntgabe dieser Nachricht. Auf den Straßen, in den zahlreichen Bars und Cafés, unter Taxifahrern gab und gibt es aktuell nur ein einziges Thema: die vom libanesischen Ministerpräsidenten Najib Mikati überraschend angekündigte Regierungsbildung.

Auch wenn die Zeitungen am Dienstag mit "Neue Regierung, gleiche Realität" titeln, so scheint die Freude der Bevölkerung, endlich wieder eine zumindest formell funktionierende Staatsregierung zu haben, zu überwiegen.

Die wirtschaftliche Lage ist schlecht, der Tourismus, eine der Haupteinnahmequellen des Libanon, ist in dieser Sommersaison noch nicht so recht in die Gänge gekommen. Die westlichen Reisenden bleiben aus Angst vor den Unruhen in der Region aus.

Nun hofft die Branche darauf, dass die zahlungskräftigen Touristen aus den Golfstaaten das Geschäft noch beleben.

Die neue Regierung wird erstmals von der Allianz des 8. März, einem von der schiitischen, pro-iranischen Hisbollah geführten politischen Bündnis, dominiert. Mikati, der gemäß der Verfassung ein Sunnit ist, äußerte kurz nach der Vorstellung des Kabinetts beschwichtigend, dass Hisbollah nicht die Regierung dominieren könne und man sich nicht mit der internationalen Gemeinschaft überwerfen werde.

Er erklärte, dass zwölf der 30 Minister, also über ein Drittel, von ihm persönlich ernannt worden seien und dass es keinen Grund zur Besorgnis gäbe.

Ein Nur-Männer-Kabninett

In der Allianz des 8. März sind neben der Hisbollah auch die schiitische Amal-Bewegung, ebenso aber die Freie Patriotische Bewegung des chrislich-maronitischen Generals Aoun, der christliche nordlibanesische Bund der Marada und die Progressiven Sozialisten des Drusenführers Walid Dschumblat, die ebenfalls Minister stellen.

Hisbollah selbst besetzt nur zwei Minister in dem konfessionell bunt gemischten Kabinett, das sich durch das Fehlen von Frauen auszeichnet. In der vorhergehenden Regierung war zumindest das Sozialministerium weiblich besetzt.

Neben dem Hisbollah-Politiker Hussein Hassan, der als Landwirtschaftsminister wiederernannt wurde, blieb auch sein Parteikollege Mohammed Fneich als Minister für die Verwaltungsreformen im Kabinett. Insgesamt wurden fünf Minister wiederernannt, drei wechselten die Ressorts.

Ein erster Rücktritt

Neben der Freude über die neue Regierung gab es auch Stimmen jener, die sich ungerechtfertigt behandelt fühlten. Das Parlamentsmitglied Talal Arslan, Druse und Führer der Libanesischen Demokratischen Partei, trat sofort nach Bekanntgabe der Ministerienverteilung als Staatsminister zurück.

Er sehe sich nicht in der Lage, in einer Regierung zu sitzen, in denen die Drusen, die etwa zehn Prozent der Bevölkerung stellen, außer dem Sozialministerium keine Schlüsselposition innehaben, begründete er seinen Schritt.

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