Manipulationsverdacht im türkischen Fußball: "Provozier doch eine Rote Karte!"

Wieder einmal kriselt es im türkischen Fußball. Nationaltrainer Guus Hiddink liefert keine Erfolge. Und Kapitän Emre Belözoglu wird der Manipulation verdächtigt.

Emre Belözoglu bei der EM 2008 im Fight mit Portugals Ronaldo. Nun hat er andere Probleme. Bild: dpa

BERLIN taz | In der türkischen Öffentlichkeit sind Guus Hiddink und Emre Belözoglu derzeit nur bedingt gut gelitten. Der eine, Nationaltrainer des fußballverrückten Landes, weil er das nötige Engagement für seine Anstellung vermissen lässt. Der andere, Mittelfeldspieler, weil er sich für seinen Verein wohl allzu sehr engagiert hat.

Doch von Anfang an: Für Fußballtrainer Hiddink läuft es derzeit nicht so richtig: Mit der stolzen Elf in den Trikots mit dem Halbmond auf der Brust liefert der 64-Jährige mehr Krampf als Kampf in der deutschen EM-Qualifikationsgruppe A.

Am Freitag erzitterte sich die Mannschaft ein 1:1 in Belgien, dem direkten Konkurrenten um Platz zwei hinter der DFB-Elf. Zu Amtsantritt 2010 noch wie ein Heilsbringer gefeiert, war der Enthusiasmus in der Türkei beim Thema Hiddink schon nach den beiden Quali-Niederlagen letzten Herbst in Aserbaidschan (0:1) und Deutschland (0:3) heruntergekühlt. Nun jedoch hat der Übungsleiter wohl auch den letzten Kredit verspielt - nicht nur durch die Ergebnisse auf dem Platz, sondern auch durch die, nun ja, nicht gerade überzeugende Identifikation mit der eigenen Aufgabe.

Guus Hiddink: "Jetzt habe ich erst mal Urlaub"

So erklärt sich auch die wenig aufschlussreiche Antwort auf der Pressekonferenz nach dem Spiel am Freitag. "Wer weiß das schon?", ächzte Hiddink den Reportern in Brüssel entgegen, die ihn auf seine berufliche Zukunft angesprochen haben. "Jetzt habe ich erst mal Urlaub." Hiddink liebäugelt, obwohl mit einem langfristigen Vertrag ausgestattet, relativ offen mit einem Wechsel zum FC Chelsea. Den hat er bereits im Jahr 2009 trainiert, führte die "Blues" ins Champions-League-Halbfinale und brachte den FA-Cup in den Trophäenschrank der Londoner. Kluballmacht Roman Abramowitsch will eine Neuauflage der Arbeitsbeziehung.

Mahmut Özgener, Präsident des türkischen Fußballverbandes, liegt ob des wenig motivierten Engagements seines Trainers ohnehin nicht mehr viel an einer fortwährenden Anstellung: "Ich habe mich so sehr bemüht, Guus Hiddink in die Türkei zu bringen", schnaubt Özgener. "Ich werde auch dafür sorgen, dass er sein jetziges Verhalten bereut."

SMS: "Ich hole dich im nächsten Jahr zu Fener"

Hiddinks Mannschaftskapitän Emre bereut schon längst – obwohl der Mittelfeldspieler nach eigenem Ermessen gar nichts zu bereuen hat. Zum Länderspiel in Belgien musste der erfahrene Internationale von seinen Teamkollegen überredet werden – zu massiv waren die Anfeindungen der Fans in den letzten Wochen. Emre, Antreiber bei Spitzenklub Fenerbahce, steht im Fokus eines schwelenden Manipulationsskandals in der türkischen Süper Lig. Er soll im Vorfeld des vorletzten Spieltags seinem Ankaragücü-Gegenspieler Kagan Söylemezgiller Kurzmitteilungen geschickt haben mit Inhalten wie: "Spiel mal nur mit halber Kraft!", "Provozier doch eine Rote Karte!" oder: "Ich hole dich im nächsten Jahr zu Fener." Fenerbahce gewann die Partie mit 6:0, wurde am letzten Spieltag knapp vor Trabzonspor Meister. Medien wie auch Klubverantwortliche fordern Aufklärung, Trabzon will die Fifa einschalten.

"Ich kann versichern, dass Emre mir keine einzige SMS mit solchen Texten geschickt hat", beteuert Söylemezgiller. Sein Vereinspräsident Ahmet Gökcek belastet dafür Ahmet Bulut, den Berater beider Spieler, und macht die Verwirrung komplett: "Ekrem Okumus, ein Mitarbeiter Buluts, hat diese Nachrichten geschickt." Wie und ob überhaupt manipuliert wurde, ist noch offen. Oder, um es mit Guus Hiddinks Worten zu sagen: Wer weiß das schon?

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