Aus „Le Monde diplomatique“: Zwölf Jahre Chavismus in Venezuela

Der Mainstream hält Hugo Chávez für einen autoritären Despoten, linke Gegenmedien fasziniert dessen „bolivarische Revolution“. Der Versuch einer realistischen Bilanz.

Ein großer Performer mit vielen Problemen: Hogo Chavez. Bild: ap

Auch zwölf Jahre nach dem Amtsantritt von Präsident Hugo Chávez fällt eine Bewertung der „bolivarischen Revolution“ alles andere als leicht. Im November war im venezolanischen Staatsfernsehen ein Auftritt des Präsidenten zu sehen, der die widersprüchliche Lage gut illustriert. Wieder einmal zeigte sich Chávez in Angriffslaune (1): Mit einer Trainingsjacke in Nationalfarben bekleidet, attackierte er die bürgerliche Opposition und bezeichnete sie – obwohl die Rechtskoalition MUD bei den Parlamentswahlen im September 2010 nur 100.000 Stimmen weniger als die Regierungspartei PSUV erhalten hatte (2) – als „Häuflein“.

Plötzlich jedoch änderte Chávez den Tonfall und wandte sich an den neben ihm stehenden Vizepräsidenten Elias Jaua, der als bewegungsnaher junger Intellektueller gilt. Chávez erkundigte sich nach der Telefonnummer des Soziologen Javier Biardeau, der die Regierung am selben Tag in einem Zeitungsinterview scharf kritisiert (3) und ihr vorgeworfen hatte, einen „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ aufbauen zu wollen, ohne sich über das Desaster des alten Staatssozialismus Gedanken zu machen. Man reproduziere vertikale Führungsmodelle, anstatt jene partizipative Demokratisierung voranzutreiben, die doch eigentlich den Kern des bolivarischen Projekts ausmachen sollte. Auf eben diese Aussage nahm Chávez nun Bezug: „Mir gefällt die Kritik … Javier, ich ruf dich an.“

Die Bilder waren irritierend: Sollte man sich über die paternalistische Art des Präsidenten aufregen, der wieder mal mit einem Fingerzeig erklärte, worüber im Land diskutiert werden kann und worüber nicht? Oder sollte man positiv festhalten, dass er nach zwölf Jahren an der Macht radikaldemokratische Kritik immer noch ernst nimmt?

In den internationalen Medien fallen die Bewertungen des Chavismus fast immer eindeutig aus. Der Mainstream hält Venezuela für eine autoritäre Despotie; die kleinen linken Gegenmedien glauben, einen Sozialismus neuen Typs zu erkennen. Dass eine realistische Bilanz weniger eindeutig ausfällt, darf kaum überraschen.

Bei den Erfolgen der Chávez-Regierung ist an erster Stelle auf die Sozialreformen zu verweisen. Die Verarmung, die Venezuela in den 1990er Jahren erfasst hatte, ist gestoppt. Der lateinamerikanischen Wirtschaftskommission Cepal zufolge ist der Anteil der unterhalb der Armutsgrenze lebenden Bevölkerung seit 1999 von 49 Prozent auf 28 Prozent zurückgegangen. (4) Auch die Einkommensungleichheit hat stark abgenommen: Den Cepal-Daten zufolge sank der Gini-Koeffizient (5) seit der Jahrtausendwende von 0,50 auf 0,41, womit Venezuela heute den niedrigsten Wert in Lateinamerika aufweist.

Der verrückte Chávez und der vernünftige Lula

Zurückzuführen sind diese Veränderungen auf die Sozial- und Beschäftigungspolitik der Chávez-Regierung, die hunderttausende feste Beschäftigungsverhältnisse geschaffen und den Zugang zu öffentlichen Gütern, Gesundheits- und Bildungswesen mithilfe von Sozialprogrammen erleichtert hat. Kritiker weisen in diesem Zusammenhang zwar oft darauf hin, dass es für ein Erdölland ein Leichtes sei, kostspielige Sozialprogramme zu finanzieren. Doch genau das war Venezuela vor Chávez nicht mehr gelungen: Die Öleinnahmen verblieben damals im Staatsunternehmen PDVSA, das vom Management der politischen Kontrolle entzogen wurde. (6)

Zweitens hat die Chávez-Regierung nicht unerheblich dazu beigetragen, internationale Kräfteverhältnisse zu verschieben. Als der venezolanische Präsident Ende der 1990er Jahre von einer „multipolaren Weltordnung“ sprach, hörte sich das weltfremd, fast ein wenig verrückt an. Zehn Jahre später scheint die US-Vorherrschaft tatsächlich am Ende. Venezuela ist zwar sicher nicht Ursache dieser Kräfteverschiebung, hat aber immerhin wichtige Akzente gesetzt. Unmittelbar nach ihrem Amtsantritt startete die Chávez-Regierung eine Initiative zur Neuformierung der Opec.

Deren Rückkehr zur Förderdisziplin trug 1999 bis 2000 wesentlich zum Anstieg des Ölpreises von 10 auf knapp 30 US-Dollar bei. Im Gegenzug eröffnete Venezuela lateinamerikanischen Staaten die Möglichkeit, Öl zu Vorzugspreisen zu beziehen. So erhalten heute viele Länder im Rahmen des Ölverbands Petrocaribe venezolanisches Öl deutlich unterhalb der Weltmarktpreise. (7)

Als indirekter außenpolitischer Erfolg kann auch die Gründung der südamerikanischen Staatengemeinschaft Unasur gelten. Venezuela schlug bereits 2001 vor, die Freihandelspläne Washingtons mit einer eigenständigen lateinamerikanischen Integration zu beantworten. Die 2004 gegründete Alba blieb in der Folge zwar auf die links regierten Länder beschränkt. Doch die Initiative wurde insofern aufgegriffen, als 2008 unter brasilianischer Führung die Unasur entstand. Dass die USA hier nicht vertreten sind, trug maßgeblich dazu bei, dass sich Unasur bei den Umsturzversuchen in Bolivien und Ecuador 2008 und 2010 klar hinter die US-kritischen Präsidenten Evo Morales und Rafael Correa stellte.

ist Schriftsteller und Professor für Politik an der Universidad Nacional de Colombia in Medellín. Gerade ist von ihm der Essay "Nach dem Kapitalismus. Perspektiven der Emanzipation oder: Das Projekt Communismus anders denken" (VSA-Verlag) erschienen und im Juni 2011 kommt sein Erzählband "Berlin Tropikal" (Blumenbar-Verlag).

Die Darstellung westlicher Medien, die häufig zwischen dem „vernünftigen“ Lula und dem „verrückten“ Hugo Chávez differenzieren, geht in diesem Sinne an der Realität vorbei. In der Praxis herrschte zwischen den beiden Präsidenten eher eine Art Arbeitsteilung: Lula machte sich die Räume, die der polternde Antiimperialist Chávez eröffnete, systematisch zunutze.

Dabei steht allerdings außer Frage, dass die neue Autonomie Lateinamerikas nicht nur positive Seiten hat: Die Anbiederung an das theokratische Regime im Iran oder die Verbrüderung Chávez’ mit dem Gaddafi-Regime in Libyen kann man nur als abstoßend bezeichnen. Doch das neue lateinamerikanische Selbstbewusstsein besitzt eben auch eine wichtige sozialpolitische Dimension. In den vergangenen Jahrzehnten zwangen die westlichen Industriestaaten – vermittelt über den IWF – Lateinamerika immer wieder eine neoliberale Politik auf. Ergebnis war eine neokoloniale Enteignung durch die Privatisierung öffentlicher Güter, der durch die neue lateinamerikanische Autonomie Grenzen gesetzt wurden.

Ein dritter Erfolg der Regierung Chávez ist die Verabschiedung der neuen Verfassung. Die Konstitution von 1999 ist gleich in mehrerer Hinsicht interessant: Anders als die EU-Verfassung wurde sie nicht von Technokraten und hinter verschlossenen Türen entwickelt, sondern ging aus einer gesellschaftlichen Debatte hervor. Zudem trägt sie klar progressive Züge: Soziale Rechte, öffentliches Eigentum und plebiszitäre Elemente wurden gestärkt, Venezuela als partizipative Demokratie definiert. Am wichtigsten ist jedoch, dass der Verfassungsprozess neue Wege der Veränderung aufzeigt und das Verhältnis von Kontinuität, Transformation und Bruch neu bestimmt hat. In Venezuela – Ähnliches gilt für Ecuador und Bolivien – fand der politische Wandel innerhalb bestehender Institutionen statt. Dennoch bedeutete die Verabschiedung der neuen Verfassung einen Bruch, durch den radikalere Veränderungen möglich geworden sind.

Viertens schließlich hat die Chávez-Regierung das neoliberale „Tina“-Credo (“There is no alternative“) außer Kraft gesetzt. Ausgerechnet ein traditionell ineffizienter, klientelistischer Staat Lateinamerikas hat den Beweis erbracht, dass eine alternative Fiskal- und Sozialpolitik jederzeit möglich wäre. Dieser Politikwechsel war allerdings alles andere als einfach. Seit 2002 hat die rechte venezolanische Opposition immer wieder versucht, die Regierung Chávez mit Gewalt zu stürzen. Offensichtlich ist eine soziale Reformpolitik, anders als die europäischen Sozialdemokratien behaupten, also durchaus möglich. Es erfordert nur eben große Entschlossenheit, sie gegen herrschende Interessen durchzusetzen.

So weit die Erfolge: Doch was ist mit der Behauptung, in Venezuela entstehe ein „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“? Die am häufigsten zu hörende Kritik, dass nämlich die Chávez-Regierung unabhängige Medien verfolge, hat mehr mit Propaganda als mit der Wirklichkeit zu tun. Anders als im Nachbarland Kolumbien müssen oppositionelle Journalisten in Venezuela nicht um ihr Leben fürchten, wenn sie sich mit dem Präsidenten anlegen. Und es ist auch nicht wahr, dass die venezolanische Regierung die „Simpsons“ oder ganze Oppositionssender verboten hätte. Die Situation ist auch hier komplexer: Gegen die bürgerlichen Medienkonzerne, die über Jahre unverhohlen zum Aufstand gegen den – immerhin demokratisch gewählten – Präsidenten aufgerufen haben, hat die Regierung ein spezielles Mediengesetz in Stellung gebracht.

Dieses Gesetz, das offiziell dazu dient, Kinder vor der Darstellung von Gewalt und Sex zu schützen, lässt sich bestens im Kleinkrieg mit den Medien instrumentalisieren. Dass der Fernsehsender Televen 2008 gezwungen wurde, die „Simpsons“ aus dem Kinderprogramm zu nehmen (woraufhin der Sender die pädagogisch wertvolle „Baywatch“-Serie ansetzte), war vermutlich der Ignoranz einiger Bürokraten geschuldet. Eindeutig politisch motiviert war hingegen das Urteil, mit dem ein Gericht in Caracas der Tageszeitung El Nacional im Wahlkampf 2010 die Abbildung von Leichen verbot. Mehrere Zeitungen hatten versucht, mit schockierenden Titelbildern auf die hohe Kriminalitätsrate im Land hinzuweisen.

Außer Frage steht, dass die Chávez-Regierung die Privatmedien mit allen Mitteln zu schwächen versucht. So wurde die Lizenz des Senders RCTV 2007 nicht mehr verlängert, und die oppositionellen Privatmedien erhalten kaum noch Werbeaufträge von der Regierung. Ob dadurch allerdings die Demokratie untergraben wird, muss man sehr infrage stellen. Immerhin sind die großen Medienkonzerne in der Regel alles andere als Garanten partizipativer Meinungsbildung. Außerdem muss man berücksichtigen, dass in Venezuela dank der neuen Mediengesetze seit 2000 mehr als 100 unabhängige Bürger- und Community-Radios entstanden sind, die zu einer demokratischen Meinungsäußerung sicher mehr beitragen als Kommerzsender.

Nicht diskutieren lässt sich hingegen darüber, dass die Entwicklung der Kriminalität einen Misserfolg für die Regierung Chávez darstellt. Obwohl die Sozialversorgung in den Armenviertel deutlich besser geworden ist, gehört Caracas weiter zu den gefährlichsten Städten der Welt. Das hat zwar auch mit den Aktivitäten kolumbianischer Narco-Paramilitärs (8) zu tun, die ihren Wirkungsbereich in den letzten Jahren nach Venezuela ausgedehnt und die organisierte Kriminalität dort massiv gestärkt haben. Doch entscheidender ist, dass der venezolanische Polizeiapparat offensichtlich selbst für einen beträchtlichen Teil der Verbrechen verantwortlich ist. Obwohl die Regierung Chávez seit Jahren an einer grundlegenden Polizeireform arbeitet (9), ist die Lage nach wie vor dramatisch. Selbst die Leiterin des Reformprojekts, die renommierte Menschenrechtsaktivistin Soraya El Achkar, ist der Ansicht, dass man der venezolanischen Polizei in der heutigen Form nicht trauen könne.

Das gravierendste Problem Venezuelas ist jedoch, dass man bei den Hauptanliegen nicht vorangekommen ist: beim Aufbau einer partizipatorischen Demokratie und beim ökonomischen Umbau. Andrés Antillano, langjähriger Aktivist der Stadtteilbewegungen von Caracas, merkt kritisch an: „Die Sozialprogramme, die 2003 und 2004 Orte der Beteiligung waren, sind institutionalisiert worden. Viele Aktive sind Staatsangestellte geworden oder beziehen Regierungsstipendien. Auf diese Weise ist die politische Mobilisierung durch materielle Leistungen ersetzt worden. Und das führt wiederum dazu, dass in vielen Fällen Gehorsam belohnt und abweichende Meinungen bestraft werden.“

Der zweite Apparat der Chavisten

Ähnliche Einwände äußert auch der Gewerkschafter Santiago Arconada.10 Er verweist auf die Oberflächlichkeit vieler Reformen. Im Bundesstaat Sucre sei der Polizei das Adjektiv „sozialistisch“ verliehen worden, ohne dass es irgendeine strukturelle Reform gegeben hätte. Kaum besser sei die Situation bei den Consejos Comunales: Nur fünf Jahre nach der Einführung der Bürgerräte seien diese von der Bevölkerung ähnlich weit entfernt wie traditionelle Gemeindeverwaltungen. Anstelle einer kommunalen Selbstverwaltung ist ein zweiter Repräsentationsapparat entstanden.

Anhänger des Chavismus erklären diese Entwicklung oft mit Überläufern aus dem alten Apparat. Doch nach zwölf Jahren lassen sich Probleme nicht mehr einfach mit vererbten Strukturen erklären. Edgardo Lander, einer der wenigen venezolanischen Intellektuellen, die die Regierung unterstützen, ohne die Kritik an ihr aufzugeben, präsentiert eine andere Erklärung: Der Chavismus begreife nicht, so Lander nach den für den Chavismus enttäuschend verlaufenen Parlamentswahlen (11) im September 2010, dass Selbstverwaltungsstrukturen eigenständig sein müssten. „Ist eine Demokratisierung ohne den Aufbau autonomer sozialer Organisationen denkbar? Ist sie denkbar, wenn gleichzeitig Gewerkschafts- und Volkskomitees durch Staats- und Parteistrukturen kolonisiert werden? Sind die Consejos Comunales der demokratische Organisationskern der gesamten Gesellschaft beim Aufbau neuer sozialer Beziehungen […] oder sollen [sie] der Ort sein, an dem sich Anhänger des Chavismus organisieren, auch wenn dadurch die Hälfte der Bevölkerung ausgeschlossen wird?“

Nicht minder beunruhigend ist die Entwicklung der ökonomischen Reformen. An den strukturellen Problemen Venezuelas hat sich seit 1999 nichts Wesentliches geändert. Rohstoffe machen nach wie vor 90 Prozent der Exporte aus, die Auslandsschulden sind seit 2002 von 35 Milliarden auf 66 Milliarden US-Dollar gestiegen. (12) Zudem muss Venezuela, obwohl man sich die Nahrungsmittelsouveränität groß auf die Fahnen geschrieben hat, weiterhin den Großteil seiner Lebensmittel importieren. (13)

Um die wirtschaftliche Abhängigkeit von den Öleinnahmen zu verringern, startete die Chávez-Regierung 2005 eine groß angelegte Genossenschaftskampagne. Zehntausende Menschen wurden im Rahmen der Mission „¡Vuelvan Caras!“ (etwa: „Wendet den Blick!“) ausgebildet, um selbstverwaltete Betriebe und Kooperativen aufzubauen. 2007 musste das regierungsnahe Onlinemagazin Venezuelanalysis.com jedoch vermelden, dass von den registrierten 181.000 Kooperativen selbst nach offiziellen Statistiken mehr als 60 Prozent nur auf dem Papier existieren. (14) Die realen Zahlen dürften noch weit darunter liegen. Obwohl – oder gerade weil – der Staat großzügig Subventionen verteilt hat, ist kein tragfähiger Genossenschaftssektor entstanden.

Irritierend an diesen Beobachtungen ist letztlich nicht, dass Venezuela die schwierige politische und ökonomische Transformation bislang nicht gelungen ist. Warum sollte Venezuela die großen Fragen beantworten können, an denen der Sozialismus im 20. Jahrhundert überall gescheitert ist. Bedenklich ist, dass über die Schwierigkeiten bei der gesellschaftlichen Transformation nicht gesprochen wird. Unter großer Aufmerksamkeit der chavistischen Medien eröffnete das venezolanisch-iranische Joint Venture Venirauto 2007 bei Maracay eine Automobilfabrik. (15) Darüber, dass das Unternehmen in den vergangenen Jahren kaum Fahrzeuge hergestellt hat, und warum das so ist, hat man jedoch nichts mehr gehört und gelesen. Ähnlich auch der Fall der staatlichen Aluminiumwerke von Alcasa: Im Jahr 2005 feierlich in „revolutionäre Mitverwaltung“ übergeben, wird der Betrieb heute wieder konventionell geleitet – ohne dass die Öffentlichkeit wüsste, was geschehen ist.

Verloren ist die venezolanische Sache dennoch nicht. Verglichen mit den staatssozialistischen Regimes des 20. Jahrhunderts ist Venezuela auch nach zwölf Jahren „bolivarischer Revolution“ noch erstaunlich offen. Eine Demokratisierung von unten, wie sie in der Verfassung angelegt ist, ist immer noch möglich. Allerdings müssten dafür viele Dinge infrage gestellt werden: Die Fixierung auf Chávez müsste verringert, die klientelistischen Praktiken des Staatsapparats müssten bekämpft, politische Macht müsste an Consejos Comunales und andere Basisorganisationen übergeben und die Vergesellschaftung der Ökonomie langsamer, aber nachhaltiger und vor allem basisdemokratischer organisiert werden. Die Herausforderungen für Venezuela sind nicht eben klein. Es kann sein, dass der Karibikstaat an seinen Zielen scheitert. Das Bemerkenswerte aber ist, dass man dort überhaupt das Ziel formuliert, Demokratie und Wirtschaft grundlegend anders zu gestalten.

Fußnoten:

(1) Der Ausschnitt ist online zu sehen unter: www.youtube.com/watch?v=FfkoV_ONZlw.

(2) Die PSUV erhielt etwa 5,4 Millionen Stimmen, der Oppositionsblock MUD 5,3 Millionen und die bis vor kurzem in der Regierung vertretene Mitte-links-Partei PPT weitere 350 000 Stimmen; vgl. Edgardo Lander, „¿Quién ganó las elecciones parlamentarias en Venezuela?“, Caracas 2010, www.tni.org/sites/www.tni.org/files/Quién ganó las elecciones parlamentarias en Venezuela.pdf.

(3) Das ganze Interview unter: www.rosalux.org.ec/index.php?option=com_rubberdoc&view=doc&id=28&format=raw.

(4) Die Armut ist zwar auch im lateinamerikanischen Durchschnitt zurückgegangen, aber dort ist der Rückgang deutlich geringer ausgefallen: Die Vergleichszahlen liegen bei 44 Prozent und 33 Prozent. Vgl. Cepal-Bericht 2010: „Panorama social de América Latina 2010“. Der statistische Annex online unter: www.eclac.org/publicaciones/xml/9/41799/PSE2010_AnexoEstadistico-Preliminar.xls.

(5) Der Der Gini-Koeffizient gibt das Ausmaß ungleicher Einkommensverteilung an: 0 entspricht der perfekten Gleichheit (alle haben das gleiche Einkommen), 1 der völligen Ungleichheit (das gesamte Volkseinkommen gehört einer einzigen Person).

(6) Vgl. Bernard Mommer, „Subversive Oil“, in: Steve Ellner und Daniel Hellinger (Hg), „Venezuelan Politics in the Chávez Era“, Boulder (Lynne Rienner) 2003, S. 131–146.

(7) Sozialpolitik mit Erdöl hat Venezuela auch in den USA und Großbritannien betrieben. Das PDVSA-Tochterunternehmen Citgo versorgt seit 2006 mehr als 100 000 US-Haushalte, die über ein geringes Einkommen verfügen, mit bis zu 60 Prozent verbilligtem Heizöl; vgl. die Berichte unter: venezuelanalysis.com/tag/citgo. Mit der Labour-Stadtverwaltung von London vereinbarte die Chávez-Regierung 2007 zudem einen Tausch. Finanziert durch venezolanische Öllieferungen, senkten die Londoner Verkehrsbetriebe die Ticketpreise für Geringverdiener. Im Gegenzug entsandte der Labour-Bürgermeister Ken Livingstone Stadtplanungsexperten nach Venezuela (BBC News, 20. Februar 2007).

(8) Der Begriff „Narco-Paramilitärs“ verweist auf die amalgamische Verbindung von organisiertem Drogenhandel und politischer Gewalt. Die jüngsten Aussagen ehemaliger Paramilitärkommandanten belegen den seit langem gehegten Verdacht, dass der Dachverband der Paramilitärs (AUC) von der kolumbianischen Geheimpolizei DAS und den Streitkräften geführt wurde. Es scheint, dass auch die Verlagerung des Narco-Paramilitarismus nach Venezuela zumindest Anfang der 2000er Jahre von Teilen des kolumbianischen Staatsapparats gedeckt wurden.

(9) Über den Reformprozess berichtet die Website www.consejopolicia.gob.ve/.

(10) Santiago Arconada, „El otro diálogo“, 2. Februar 2011, www.aporrea.org/ideologia/a116888.html.

(11) Siehe Anmerkung 2, Edgardo Lander.

(12) Siehe Anmerkung 4, Cepal-Bericht 2010, S. 105 und S. 164.

(13) Nach Angaben der Wirtschaftszeitung América Economía beliefen sich die Importe 2010 auf mehr als 5 Milliarden US-Dollar: www.americaeconomia.com/negocios-industrias/importaciones-de-alimentos-en-venezuela-ascenderan-us6500m-en-2011.

(14) Michael Fox, „Venezuela’s Co-op Boom“: www.venezuelanalysis.com/analysis/2393, 5. Dezember 2007.

(15) Hier stellte sich zudem die Frage, warum ein Land, das alternative Entwicklungskonzepte verteidigt, eine nationale Automobilindustrie braucht.

© Le Monde diplomatique, Berlin

Le Monde diplomatique Nr. 9494 vom 13.5.2011

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