Missbrauch in Nordelbien: Kirche tut ein bisschen Buße

Die Nordelbische Kirchenleitung gesteht Versagen bei der Dienstaufsicht ein. Disziplinarrechtlich vorgehen will sie nicht - anders, als es ein Gutachter anregte.

"Es ist ein Schatten auf die Kirche gefallen", sagt Bischof Gerhard Ulrich zu den Missbrauchsfällen in Ahrensburg. Bild: dpa

KIEL taz | Fehler in der Dienstaufsicht, Erinnerungslücken, Ignoranz: "Es ist ein Schatten auf die Kirche gefallen, den kann man nicht abschütteln", sagt Bischof Gerhard Ulrich zu den Missbrauchsfällen in Ahrensburg (Kreis Stormarn). Ein früherer Gemeindepastor hatte Jugendliche, darunter seine Stiefsöhne, sexuell missbraucht. Erst Jahre später, 1999, wandte sich ein Opfer an die Kirche - der Pastor wurde in die Gefängnisseelsorge versetzt, wo er weiter mit Jugendlichen zu tun hatte. Seit die Vorfälle im März 2010 bekannt wurden, ermittelt die Kirche intern.

Zum gestrigen Abschluss traten fünf Kirchenvertreter und ein externer Gutachter in Kiel vor die Presse. Das Ergebnis: Es werden keine weiteren Disziplinarverfahren eröffnet, auch nicht gegen die damalige Pröpstin Heide Emse, die den Pastor so geräuschlos wie möglich versetzen ließ.

Der Gutachter, Anwalt Christian Becker, hatte dafür plädiert, die Nordelbische Kirchenleitung entschied anders: Das Disziplinarrecht sei nicht auf Strafe angelegt, erklärt Ulrich. Emse habe nichts vertuschen wollen. Details ließen sich nicht klären, da es kaum Schriftstücke gibt. Warum Emse nichts dokumentierte, sei "ein Rätsel".

Heute würde ein solcher Fall anders behandelt, beteuerten die Kirchenvertreter. So entscheide nicht mehr eine Person allein über Versetzungen. Mitarbeiter müssten Führungszeugnisse zeigen, Leitfäden legten fest, wie in Missbrauchsfällen vorgegangen wird, und Ombudsfrauen sprächen mit Betroffenen.

Allerdings sind dies überwiegend weder rein kirchliche noch freiwillige Aktionen: Das Kinderschutzgesetz schreibt seit einigen Jahren vor, dass alle Organisationen solche Vorkehrungen treffen müssen.

Die Kirche hatte bereits am Vortag mit Opfern gesprochen, allerdings wollten sich von denen nur vier auch an dem Gespräch beteiligen. "Wir werden benutzt, um das Ansehen der Kirche kosmetisch gut aussehen zu lassen", erklärte der Verein "Missbrauch in Ahrensburg". Auch Norbert Denef, Vorsitzender der überregionalen Betroffenen-Organisation "Netzwerk B", der uneingeladen an der Kieler Veranstaltung teilnahm, nannte das Ergebnis unbefriedigend: "Es gilt das Bibelwort: An ihren Taten sollt ihr sie erkennen."

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