Gewalt gegen Stuttgart-21-Gegner: Zahltag für Rambo-Polizisten

Der Polizeieinsatz gegen S-21-Gegner im Stuttgarter Schlossgarten war heftig umstritten. Nun wurde der erste Beamte verurteilt - und zahlreiche Anzeigen warten noch.

Der erste Beamte, der bei dem umstrittenen Protest im Stuttgarter Schlossgarten dabei war, wurde nun verurteilt. Bild: reuters

BERLIN taz | "Körperverletzung im Amt" - so lautet das erste Urteil gegen einen der Polizeibeamten, die am 30. September letzten Jahres am umstrittenen Polizeieinsatz im Stuttgarter Schlossgarten beteiligt waren. Das bestätigte das Amtsgericht Stuttgart am Donnerstag auf Nachfrage gegenüber der taz.

Demnach wurde nun ein Strafbefehl gegen einen Beamten der Bereitschaftspolizei Göppingen rechtskräftig, wonach der Polizist eine Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen à 50 Euro, also insgesamt 6.000 Euro, zahlen muss. Damit ist der erste Polizist rechtskräftig verurteilt, der am sogenannten schwarzen Donnerstag im Stuttgarter Schlossgarten im Dienst war, als die Polizei dort mit Wasserwerfern und Pfefferspray gegen Gegner des umstrittenen Bauprojekts Stuttgart 21 vorgegangen war.

Der Polizeibeamte hatte einer am Boden sitzenden Frau grundlos Pfefferspray ins Gesicht gesprüht. Nach Angaben des baden-württembergischen Innenministeriums hatte die Bereitschaftspolizei Göppingen den eigenen Kollegen auf Grundlage einer Videoaufzeichnung angezeigt, auf der die Situation zu sehen war.

Der Beamte hatte daraufhin den gegen ihn gerichteten Strafbefehl des Stuttgarter Amtsgerichts widerspruchsfrei hingenommen. Ein Sprecher der Bereitschaftspolizeidirektion sagte der taz, die Behörde prüfe derzeit, ob gegen den Beamten disziplinarrechtliche Schritte eingeleitet werden.

Zahlreiche Anzeigen wegen Gewalttätigkeit - auf beiden Seiten

Nach Angaben der Stuttgarter Staatsanwaltschaft liegen derzeit noch 17 weitere Strafanzeigen gegen Polizeibeamte vor, die am "schwarzen Donnerstag" beim Einsatz im Stuttgarter Schlossgarten gegen Demonstranten unrechtmäßig vorgegangen sein sollen.

An dem Tag war es dort zu harten Auseinandersetzungen zwischen meist friedlichen Demonstranten und der Polizei gekommen. Nachdem Gegner des Bauprojekts Stuttgart 21 mit Sitzblockaden gegen anstehende Baumfällarbeiten demonstrieren wollten, war die Polizei mit dem massiven Einsatz von Wasserwerfern und Pfefferspray gegen die Blockierer vorgegangen.

Dabei wurden zahlreiche Menschen zum Teil schwer verletzt, wie etwa der Rentner Dietrich Wagner, der durch einen Wasserwerferbeschuss ins Gesicht sein Augenlicht verlor.

Wagner und sechs weitere Betroffene haben daraufhin vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht Klage gegen das Land Baden-Württemberg eingelegt. Sie wollen die Unrechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes feststellen lassen. Die Verhandlung wird nach Angaben des Verwaltungsgerichts für Ende des Jahres erwartet.

Anzeigen liegen nicht nur gegen Polizisten und das Land Baden-Württemberg vor: Allein die Auseinandersetzungen im Stuttgarter Schlosspark am 30. September bescherte auch den Reihen der Stuttgart-21-Gegner insgesamt 121 Strafanzeigen, wie die Stuttgarter Staatsanwaltschaft der taz mitteilte.

Das harte Eingreifen der Polizei hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt und im baden-württembergischen Landtag zur Gründung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses geführt.

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