Ruanda-Völkermordprozess in Frankfurt: Die seltsamen Freunde

Der angeklagte ruandische Exbürgermeister Onesphore Rwabukombe war auch im deutschen Exil politisch aktiv. Sogar der Präsident der Hutu-Miliz FDLR unterstützte ihn.

Vor Gericht: Exbürgermeister Onesphore Rwabukombe. Bild: dapd

Der Prozess gegen den ruandischen Exbürgermeister Onesphore Rwabukombe am Oberlandesgericht Frankfurt ist am 15. März 2011 mit der Vernehmung der ersten ruandischen Zeugen fortgesetzt worden. Dabei wurden bislang unbekannte Details über die politischen Aktivitäten Rwabukombes als Flüchtling in Deutschland erörtert.

Der Zeuge Eric Victor Bahembera lebt seit 1990 in Deutschland. Er kam nicht als Flüchtling, sondern als Student. Im Dezember 2008 wurde der Informatiker zum Präsident der deutschen Sektion der RDR (Sammlung für Demokratie und Rückkehr nach Ruanda) gewählt - die Exilpartei, die nach dem Völkermord in Ruanda 1994 in den ruandischen Hutu-Flüchtlingslagern im damaligen Zaire (heute Demokratische Republik Kongo) als politische Vertretung der zuvor für den Völkermord verantwortlichen ruandischen Machthaber entstanden war. Aus der RDR ist mittlerweile die Exilpartei FDU (Vereinte Demokratische Kräfte) entstanden, die 2010 in Ruanda zu den Präsidentschaftswahlen aber nicht antreten durfte. Bahembera ist mittlerweile Deutschlandvertreter der FDU.

Rwabukombe wurde 2008 zu Bahemberas Stellvertreter als Deutschlandpräsident der RDR gewählt. Diese Wahl fand "vor dem 10. Dezember 2008 statt", erklärt Bahembera vor Gericht. "Kurz darauf sagte Rwabukombe, dass er die Wahl nicht annehmen kann", erinnert sich Bahembera, "weil er sich um seine eigenen Probleme kümmern musste." Rwabukombe habe die Parteiarbeit ruhen lassen und sei " wegen persönlicher Gründe" zurückgetreten. Diese persönlichen Gründe werden seine erneute Verhaftung am 18. Dezember 2008 gewesen sein. Rwabukombe hatte schon von April bis November 2008 in Auslieferungshaft gesessen; die deutsche Justiz hatte damals seine Auslieferung nach Ruanda abgelehnt, dann aber selbst gegen ihn Ermittlungen aufgenommen.

Kennengelernt habe Bahembera den Angeklagten im Jahr 2002 in Deutschland. "Ein Kollege hat mich angerufen und mir von Rwabukombe erzählt", sagt Bahembera. Auf Nachfrage des Richters Thomas Sagebiel fügt er an, das der zwischenzeitlich verstorbene Kollege ebenfalls ein ehemaliger ruandischer Bürgermeister war. "Rwabukombe interessierte sich für die RDR. Er kam gerade aus dem Busch und suchte Kontakt," so Bahimbera weiter. Er habe zunächst den damaligen RDR-Präsidenten Charles Ndaraye nach Rwabukombe gefragt: "Der hat bestätigt, dass er Rwabukombe kennt." Am 30. Oktober 2002 bestätigte Bahimbera schriftlich, dass Rwabukombe RDR-Mitglied war, wie aus einer im Gericht vorgelegte schriftlichen Bescheinigung hervorgeht, an die sich Bahembera allerdings "nicht erinnern" kann.

Nach seinem Eintritt in die RDR stieg Rwabukombe schnell in der Parteihierarchie auf. "Bis Dezember 2009 trafen wir uns einmal im Jahr zur Mitgliederversammlung in Frankfurt", führte Bahembera aus. "Da wurden dann auch neue Mitglieder für die deutsche Sektion aufgenommen. Rwabukombe kam regelmäßig zu den Versammlungen."

Als einen seiner Vorgänger als RDR-Deutschlandpräsident nennt Bahembera Ignace Murwanashyaka. Das ist der Präsident der FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), ein Sammelbecken der in der Demokratischen Republik Kongo basierten ruandischen Hutu-Kämpfer, die von dort aus bis heute gegen Ruandas Regierung kämpfen, sowie der flüchtigen Täter des ruandischen Völkermords. Im November 2009 wurde Murwanashyaka ebenso wie sein Stellvertreter Straton Musoni wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen im Kongo verhaftet; ihnen soll ab Mai 2011 in Stuttgart der Prozess gemacht werden.

Als Rwabukombe im April 2008 in Deutschland in Auslieferungshaft genommen wurde, rief Bahembera seinen früheren Parteifreund Murwanashyaka an, um ihn um Hilfe zu bitten. "Murwanashyaka war früher in der RDR, daher kenne ich ihn", so Bahembera. "Ich habe ihn angerufen, um einen Anwalt für Rwabukombe zu bekommen." Dies lief offenbar über Rwabukombes Ehefrau: "Ich habe Murwanashyaka gefragt, ob Frau Rwabukombe die Telefonnummer von dem Anwalt bekommen kann."

Um den Anwalt für ihren Vize-Präsidenten Rwabukombe bezahlen zu können, richteten die RDR-Mitglieder in Deutschland ein Solidaritätskonto ein. "Wir haben Geld für den Anwalt gesammelt", erklärt Bahembera, es sei nicht viel gewesen, "nur ein paar Euro, ca 300 Euro; wir haben mein Konto dafür benutzt, das Geld hat Frau Rwabukombe bekommen". Dass er selber allein schon 300 Euro gespendet haben soll, scheint ihm entfallen zu sein. "Kann sein dass es 300 waren, das weiß ich nicht mehr," sagt er auf eine entsprechende Frage der Staatsanwaltschaft.

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