Kommentar Ölpreis: Nachhilfe für irrationale Konsumenten

Viele Autokäufer handeln deutlich irrationaler als die Ölspekulanten. Also brauchen sie dringend Nachhilfe vom Staat: Die Ökosteuer muss steigen.

Wenn es ums Öl geht, handeln nicht nur die Spekulanten irrational. Bild: dpa

Libyen ist kein besonders wichtiges Ölförderland und trägt nur zwei Prozent zur weltweiten Produktionsmenge bei. Trotzdem reicht der dortige Bürgerkrieg schon aus, um den Ölpreis nach oben zu treiben. Natürlich hat das auch mit Spekulation zu tun. Aber die Spekulanten agieren durchaus rational - sie bilden sich die Ölknappheit nicht ein, sondern schließen nur Wetten auf sie ab.

Der Bürgerkrieg in Libyen führt einmal mehr vor, dass die Zeit des billigen Öls für immer vorbei ist - auch wenn es jene Autofahrer noch nicht glauben mögen, die sich gerade ein blitzblankes SUV zugelegt haben. Überhaupt die SUVs: Allein im vergangenen Jahr stieg der Absatz bei den Vehikeln um knapp 21 Prozent - kein anderes Autosegment war so beliebt in Deutschland. Diese SUVs sind ein tragischer Fall von Geldverschwendung,der erneut beweist, dass Autokäufer deutlich irrationaler sind als Öl-Spekulanten. Viele Kunden scheinen sich den künftigen Preisauftrieb nicht vorstellen zu können - und deswegen benötigen sie dringend Nachhilfe vom Staat. Schlicht: Die Ökosteuer muss steigen.

Konservative Wutbürger glauben gern, Energiesteuern wären Strafsteuern, die ihnen das Leben vergällen sollen. Das ist falsch. Sie sind eine Lebenshilfe für besonders dumme Konsumenten. Steigende Energiesteuern würden nur eine Teuerung vorwegnehmen, die beim Öl mittelfristig unvermeidlich ist. Erhöhte Ökosteuern wären also ein Dienst am SUV-Narren: Sie würden ihn noch rechtzeitig abhalten, eine Spritschleuder zu erwerben, die ihren Gebrauchs- und Tauschwert garantiert verlieren wird.

Deutsche Politiker glauben ehern, sie könnten den Konsumenten keine Benzinsteuern mehr zumuten, solange der Ölpreis anzieht. Es ist genau anders herum: Weil die Ölpreise steil nach oben tendieren, muss die Ökosteuer sofort steigen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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