Aktivisten fordern Jugendzentrum: Häuserkampf in der Provinz

"Squat your City", "Besetze deine Stadt", steht auf einem Transparent in der Winsener Bahnhofsstraße. Das seit Jahren leer stehende Haus wäre ideal für ein Jugendzentrum, finden die Aktivisten.

Ein Raum für linke Politik? Das leere Haus in Winsen / Luhe. Bild: LENA KAISER

WINSEN/LUHE taz | "Mein Sohn ist auch bei der Besetzung dabei", sagt eine Passantin. Und das sei auch gut so: Das Eckhaus in der Winsener Bahnhofsstraße stehe schon seit Jahren leer. "Früher war hier Riedels Eck", erinnert sie sich, ein Gemischtwarenladen.

Leer wirkt das Gebäude auch jetzt: Von einigen wenigen Plakaten und einem Transparent abgesehen, fehlt von den angeblichen Besetzern jede Spur.

Es begann damit, dass die Stadtverwaltung der niedersächsischen Kleinstadt, 20 Kilometer südlich von Hamburg im Landkreis Harburg gelegen, einer Antifa-Gruppe untersagt hat, das örtliche Jugendzentrum für politische Veranstaltungen zu nutzen.

Mit der Plakataktion wollen die Jugendlichen nun auf ihr Raumproblem aufmerksam machen. "Zunächst haben wir versucht, die Stadt über Beschwerden umzustimmen, leider ohne Erfolg", sagt einer der Aktivisten. Und für eine Klage fehle das Geld. "Das wäre der ideale Raum für uns."

"Träume brauchen Räume" hat eine Gruppe Winsener Jugendlicher ihre Aktion genannt, denn es könne nicht sein, dass sie weder Vorträge noch Konzerte organisieren dürften. Nach dem Vorbild des Lüneburger "Anna und Arthur" fordern sie deshalb einen kostenlosen und selbst organisierten Freiraum für Jugendkultur.

Die Antifa-Gruppe habe sich bis Ende 2010 regelmäßig im Jugendzentrum getroffen, sagt der städtische Pressesprecher Theodor Peters. "Die Tür steht Ihnen dort auch weiter offen, aber nicht für politische Veranstaltungen." Zwar habe die Stadtjugendpflege etwas zur politischen Bildung beizutragen, sie müsse sich jedoch politisch neutral verhalten, erklärt Peters.

Mit Transparenten wolle man nun erst mal auf die Problematik aufmerksam machen, sagt der Aktivist, und eine Forderung in den Raum stellen. Man wolle mit den Verantwortlichen verhandeln.

"Wir haben das nicht im klassischen Sinne besetzt, so dass da Leute wohnen würden, das halten wir noch nicht für angebracht." Mittlerweile seien auch andere Jugendliche dazu gekommen, so dass die Antifa in der Gruppe nur noch eine Minderheit ausmache.

"Die Idee zur symbolischen Besetzung ist bei uns eher aus der Not geboren", sagt der Aktivist. Denn obwohl die Unterstützer bereits über das klassische autonom-linke Spektrum hinausreiche, sei die Gruppe nicht groß genug für eine Besetzung. "Unser Vorteil ist es, dass die Eigentumslage bei dem Haus schwierig ist."

Nach Auskunft von Polizeipressesprecher Michael Düker ist die Eigentümerin des Hauses eine GmbH mit Sitz in der Schweiz. "Die Stadtverwaltung hat auch schon Kontakt mit denen aufgenommen", sagt Düker.

Stadtsprecher Peters räumt allerdings ein, dass es bei der Kontaktaufnahme Schwierigkeiten gebe. Wegen der räumlichen Distanz sei der Eigentümer auch kaum dazu zu bewegen, seinen Pflichten nachzukommen.

Anfang der Woche hat die Polizei eine Gruppe von mehreren Jugendlichen überprüft, die sich in der Nähe des Hauses aufgehalten haben. Und weil am Haus Plakate angebracht wurden, hat die Polizei überprüft, ob eine Besetzung stattgefunden hat. "Das war aber nicht der Fall, denn die Türen waren alle ordnungsgemäß verschlossen", sagt Düker.

Zuspruch bekommen die Jugendlichen nicht nur aus ihrem Umfeld. "Von der Stadt abgesehen, reagieren die Leute in Winsen positiv auf unsere Aktion", meint der Aktivist. Sogar die SPD und die Wählergemeinschaft "Freie Winsener" hätten ihre Unterstützung bekundet. Das sei wichtig, denn nur mit breiter Unterstützung sei das Projekt durchzubringen.

Sollte es zu ernsthaften Verhandlungen mit der Stadt kommen, wollen die Aktivisten eine Treuhandgesellschaft gründen, die ebenfalls "Träume brauchen Räume" heißen soll. "Es geht uns ja nicht nur darum, in dem Raum ein klassisches autonomes Zentrum zu etablieren", sagt der Aktivist. Vielmehr brauche es einen Raum, der den Winsener Jugendlichen ermögliche, linke Politik zu machen.

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