Schärfere Ziele gut für Europas Wirtschaft: Mit Klimaschutz Geld machen

Experten haben ausgerechnet: Ein schärferes Ziel beim Klimaschutz hilft der EU-Wirtschaft auf die Beine. Doch der europäische Streit um die Reduktion geht in die nächste Runde.

Fritz Pleitgen, Ruhr.2010-Geschäftsführer, sagte, nach der Ruhr.2010 mit ihrem Kulturangebot könnte das nächste Großprojekt mit Klimaschutz zu tun haben. Bild: dpa

BERLIN taz | Ambitionierter Klimaschutz in Europa ist nach einer neuen umfassenden Studie nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch dringend notwendig. Eine Anhebung des EU-Klimaziels von bisher 20 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2020 auf 30 Prozent werde das Wirtschaftswachstum fördern. Gleichzeitig werde die Arbeitslosigkeit verringert, schreiben die Autoren der Studie "Ein neuer Wachstumspfad für Europa".

Die Untersuchung der Universitäten Paris, Athen, Oxford und des "Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung" (PIK) wurde vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegeben und gestern in Brüssel vorgestellt.

Die Ergebnisse der Forscher für das 30-Prozent-Ziel klingen wie der Traum jedes Wirtschaftsministers: Erhöhung des Wirtschaftswachstums in der EU um bis zu 0,6 Prozentpunkte pro Jahr, 6 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze, Anstieg der Investitionen von 18 auf 22 Prozent des Bruttoinlandprodukts, das unter diesen Voraussetzungen bis 2020 um 6 Prozent oder 842 Milliarden Euro zulegt. Alle Wirtschaftszweige wachsen in diesem Szenario, am stärksten die Bauwirtschaft. "Das Europa nach der Wirtschaftskrise kann seine Wirtschaft wieder auf die Beine bringen, wenn es die Herausforderung des Klimawandels angeht", schreiben die Gutachter.

Dieser "doppelte Nutzen" von Klima-Investitionen ist ein Argument gegen den Vorwurf, Klimaschutz koste viel Geld und bringe wenig. Für den Leitautor Carlo Jaeger vom PIK gilt: "Beides ist möglich: Wirtschaftswachstum und weniger Treibhausgase."

Die zweite zentrale Aussage: Die EU profitiert von mehr klimapolitischen Ambitionen, selbst wenn kein anderes Land mitzieht. So argumentiert die Industrie: Europa habe beim Klima genug getan, jetzt sollen erst mal die anderen nachziehen. Erst vor kurzem errechnete die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft accenture Investitionskosten von insgesamt 2,9 Billionen Euro bis 2020 für Europas Klimaziele.

Dabei ist das 20-Prozent-Ziel billig zu haben: Erst vergangene Woche hatte EU-Klimakommissarin Connie Heedegard erklärt, die EU werde ihr 20-Prozent-Ziel mit den bisherigen Maßnahmen erreichen - mit mehr Energieeffizienz erhöhe sich die Einsparung schon auf 25 Prozent. Heedegard plädiert schon lange für das 30-Prozent-Ziel, findet aber bisher keine Unterstützung bei der Industrie und EU-Staaten wie Polen.

Umweltgruppen und Klimaschützer wiederum haben mit ihrem Dachverband Climate Action Network (CAN) letzte Woche einen Report vorgelegt, der ähnliche wirtschaftliche Vorteile für das 30-Prozent-Ziel errechnete wie die aktuelle Studie. Sie warnen auch vor ökonomischen Verlusten durch verzögerten Klimaschutz: Allein durch einen Verfall der Preise für die Zertifikate im Emissionshandel könnten die Staaten zwischen 2013 und 2020 insgesamt 70 Milliarden Euro an Einnahmen verlieren - Deutschland allein riskiere in der Zeit Einnahmeverluste von 15 Milliarden Euro.

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