Friedenssuche auf den Philippinen: Erste Gespräche nach sechs Jahren

Die Regierung des neuen Präsidenten Noynoy Aquino sucht jetzt den Dialog mit maoistischen und islamischen Rebellen. Doch eine Einigung wird schwierig sein.

Er startet einen neuen Versuch der Versöhnung mit den Maoisten: Der neue Präsident der Philippinen Noynoy Aquino. Bild: reuters

BERLIN taz | Unterhändler der Regierung der Philippinen und der Kommunistischen Partei (CPP) samt ihrer Neuen Volksarmee (NPA) wollen am Dienstag in der norwegischen Hauptstadt Oslo neue Friedensgespräche beginnen. Für die auf eine Woche angesetzte Verhandlungsrunde hat die maoistische Guerilla einen Waffenstillstand angeboten.

Es sind die ersten formalen Gespräche seit mehr als sechs Jahren und die ersten unter dem seit Juni 2010 amtierenden Präsidenten Benigno "Noynoy" Aquino III. Unter seiner Vorgängerin Gloria Macapagal Arroyo waren die letzten Gespräche 2004 gescheitert, weil die Regierung dafür gesorgt hatte, dass die USA und die EU die CPP und NPA auf ihre Listen terroristischer Organisationen gesetzt hatten.

Norwegen versucht seit 2001 in dem jahrzehntealten Konflikt zu vermitteln. Vor seinem Flug nach Oslo äußerte sich der Leiter der Regierungsdelegation, Alexander Padilla, am Freitag zuversichtlich: "Unsere optimistischste Prognose ist, dass innerhalb von 18 Monaten substantielle Abkommen erreicht werden können und ein Frieden innerhalb von drei Jahren."

José Maria Sison, der in den Niederlanden lebende Berater der Rebellendelegation, der zugleich mutmaßlicher CPP-Chef ist, bezeichnete den von Padilla genannten Zeitrahmen als "vernünftig und realistisch", wenn nicht gar schon als zu lang, sollten beide Seiten wirklich ernsthaft verhandeln.

Genau das bezweifeln viele Beobachter. Die Regierung versuchte bei früheren Verhandlungen vor allem, auf Rebellenseite Mitläufer von Hardlinern zu abzuspalten und bot nur eine Kapitulation an. Den Willen zur Reform des politischen Systems, das nur einige Dutzend Familien dominieren, gab es nie.

Umgekehrt nutzte die CPP/NPA Gespräche vor allem propagandistisch und um die Freilassung gefangener Kader zu erreichen. Auch jetzt erklärte die CPP ein im Januar festgenommenes mutmaßliches ZK-Mitglied flugs zum Berater ihres Verhandlungsteams, das Immunität genießt. Die Bereitschaft zur Aufgabe des immer aussichtsloseren bewaffneten Kampfes ist bei der CPP/NPA nicht zu erkennen.

Mehrere zehntausend Tote bisher

Der bewaffnete Aufstand begann 1969 und forderte bisher mehrere zehntausend Tote. Rund 25.000 Kämpfer und Kämpferinnen zählten die Maoisten Mitte der 80er Jahre. Die NPA war als Gegengewicht zum Regime des Diktators Ferdinand Marcos beliebt und wurde "Nice People Around" (Nette Leute von nebenan) genannt. Nach Spaltungen, internen Hinrichtungen und strategischen Fehlern zählt sie heute etwa 5.000 Bewaffnete.

Bei den Verhandlungen in Oslo soll es um politische und wirtschaftliche Reformen gehen. Satur Ocampo, der 1986 einen ersten Waffenstillstand mit der Regierung von Corazon Aquino, der Mutter des jetzigen Präsidenten, aushandelte, verlangt ein Ende neoliberaler Wirtschaftspolitik. Das ist jedoch kaum zu erwarten. Regierung und Militär, die erst im Dezember ein neues Aufstandsbekämpfungsprogramm verabschiedeten, setzten weiter darauf, die CPP/NPA militärisch zu besiegen. Trotz deren Schwäche sind die Lebensbedingungen in vielen Landesteilen so trostlos, dass sie immer wieder den bewaffneten Aufstand nähren.

In der vergangenen Woche nahm die Regierung auch wieder Gespräche mit den muslimischen Rebellen der Moro Islamic Liberation Front (MILF) auf. Die Verhandlungen, die seit 2008 unterbrochen waren, fanden im malaysischen Kuala Lumpur statt. Die 12.500 Kämpfer zählende MILF kämpft seit Ende der 70er Jahre in den Südphilippinen für einen muslimischen Staat, würde sich inzwischen aber auch mit substantieller Autonomie zufriedengeben.

2008 hatten sich beide Seiten auf ein Abkommen geeinigt, das jedoch das Oberste Gericht für ungültig erklärte. Es folgten neue Kämpfe. Hunderte starben, Hunderttausende flohen. Erschwert werden die Gespräche jetzt dadurch, dass die MILF vor der Spaltung steht. Die Front hatte sich selbst 1978 von der Moro National Liberation Front (MNLF) abgespalten, die bereits 1976 und 1996 Friedensabkommen schloss.

Eine frühere Abspaltung ist auch die Abu-Sayyaf-Gruppe, mit der es keinerlei Gespräche gibt,außer gelegentlich über Geiseln. Die noch rund 300 Abu-Sayyaf-Kämpfer machen immer wieder mit Bombenanschlägen und Entführungen Schlagzeilen. Erst am Wochenende starben bei Gefechten nach Regierungsangaben fünf Abu-Sayyaf-Rebellen und zwei Soldaten.

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