Nordderby in Hannover: Leitwolf verliert Gefolgschaft

Nach der 0:1-Niederlage in Hannover steht der Trainer des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg vor dem Aus. Das Stück heißt Meuterei, und eine tragende Rolle darin hat der Spieler Diego übernommen.

Männer des Tages: Wolfsburs Diva Diego (links) und Hannovers Torschütze Sergio Pinto. Bild: dpa

HANNOVER taz - Versucht man sich die 80. Minute im Spiel Hannover 96 gegen den VfL Wolfsburg aus der Perspektive des Wolfsburger Spielers Diego vorzustellen, dann ist es da erst mal laut. Diego steht inmitten des Stadions, und der Großteil der 37.200 Zuschauer pfeift. Wolfsburgs Trainer Steve McClaren signalisiert, Patrick Helmes solle den Elfmeter schießen. Diego holt sich den Ball. Helmes kommt, redet auf Diego ein, zeigt zur Seitenlinie. Da steht Wolfsburgs Co-Trainer Pierre Littbarski, schreit gegen das Pfeifkonzert an, rudert mit den Armen. Diego nimmt den Ball und legt ihn auf den Elfmeterpunkt. Littbarski schlägt die Faust in die Luft und zeigt Diego den Vogel. Das Pfeifen wird immer lauter. Diego nimmt Anlauf - und trifft die Latte.

Diese Schlüsselszene des Spiels ist wohl auch eine, was die Zukunft des VfL Wolfsburg angeht: Diego hat den Ausgleich versäumt, so dass der VfL am Ende mit 0:1 in Hannover verliert. Und Diego hat öffentlich gemacht, wie wenig Autorität er dem WolfsburgerTrainer Steve McClaren zubilligt.

Beides, das Ergebnis und der Autoritätsverlust, schürt Zweifel an Steve McClarens Tauglichkeit als VfL-Trainer. Von Wolfsburgs Sportdirektor Dieter Hoeneß kam am Samstag keine Rückdeckung. Im Gegenteil: "Wieso verlieren wir so ein Spiel, das wir nicht verlieren dürfen?", fragte der. "Davon gab es in dieser Saison schon zu viele."

Viel Zeit wird McClaren nicht mehr bekommen, seinen Posten zu retten. Der Druck ist noch mal gestiegen, seit der Verein im Januar viel Geld für sechs neue Spieler in die Hand genommen hat. Von denen kam am Samstag neben Helmes zwar nur Dieudonné Mbokani zum Einsatz, aber was ist von einem Trainer zu erwarten, der von seinem Spielmacher öffentlich demontiert wird?

Mucksmäuschenstill wurde es, als McClaren am Samstag vor den Journalisten sagte, wie wütend und enttäuscht er Diegos wegen sei. Was da in den Gesichtern stand, hatte die Tendenz zum Mitleid. Denn McClaren müsste sich, wenn er weiter im Amt bleibt, nicht nur Gedanken über die neuen Spieler machen. Sondern auch darüber, wie er weitermachen kann mit einem alten wie Diego.

Auch abgesehen von der Diego-Geschichte und dem Ergebnis lief das Spiel gegen Hannover nicht gut für McClaren: Erst in der zweiten Halbzeit brachte er Neuzugang Patrick Helmes, als Sturmpartner für den einsamen Grafite. Prompt wurde Wolfsburg gefährlicher und erarbeitete sich jene leichte Dominanz, die Hannover in der ersten Hälfte innegehabt hatte.

Der Sieg für Hannover stand auf "Messers Schneide", wie Hannovers Trainer Mirko Slomka es formulierte. Hannovers Torschütze Sergio Pinto meinte auf die Frage, was den Unterschied ausgemacht habe zwischen den beiden Mannschaften: "Wir haben ein Tor geschossen. Wolfsburg nicht."

Hannover ging konzentriert und kämpferisch in die Partie, aber das Problem, aus der Überlegenheit Tore zu machen, blieb bestehen. Bezeichnenderweise entstand der 1:0-Siegtreffer in der 5. Minute durch eine Freistoß-Variante, die nur durch einen Fehlgriff von VfL-Torhüter Benaglio zum Erfolg führte.

Hannovers Trainer Slomka lobte die "geschlossene Mannschaftsleistung", verwies aber auch darauf, "wie schwer es ist, in der Bundesliga Spiele für uns zu entscheiden". Das Ziel der Hannoveraner ist längst ein Europapokalplatz, wenn das auch nur verklausuliert gesagt wird.

Ein Sieg noch, dann werden sie Klartext reden: Hannover ist nun punktgleich mit dem Tabellendritten Mainz. Und der VfL Wolfsburg steckt - mit nur noch einem Punkt Abstand auf den Relegationsplatz - im Abstiegskampf.

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